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  Orwell in Babylon

Obamas Nicht-Rückzugs- Rückzugs-Plan

Chris Floyd 

Es erübrigt sich eigentlich darzulegen, dass ein Plan, einen Krieg zu „beenden“, der die weitere Stationierung von bis zu 50.000 Soldaten in einem feindlichen Land vorsieht, in Wirklichkeit eine Fortsetzung dieses Krieges ist, nicht dessen Beendigung. Einen solchen Plan zu produzieren und zu behaupten, dass er einen Krieg „beende“, ist wie wenn man auf den Rücken seines Nachbarn pinkelt und ihm sagt, es sei lebensspendender Regen, der ihn da benetzt. 

Aber genau das ist es, was wir von der Regierung Obama in Hinblick auf Irak bekommen. Von oben erreicht uns jetzt die Botschaft – das heißt von „hochrangigen Vertretern der Regierung“, die sich „respektabler Zeitungen“ als völlig unkritischer Verbreiter von Regierungsmitteilungen bedienen – dass Präsident Obama zu einem Kompromiss mit seinen Generälen (oder besser gesagt mit den Generälen und hohen Tieren des Pentagon, die er von George W. Bush geerbt oder bereitwillig übernommen hat) bezüglich eines Plans gekommen ist, einige amerikanische Truppen aus dem Land abzuziehen, das die Vereinigten Staaten von Amerika in einem nicht provozierten Angriffskrieg verwüstet haben. Obama hätte 16 Monate für den teilweisen Abzug vorgesehen gehabt, sein möglicher Konkurrent im Jahr 2012 General David Petraeus, wollte 23 Monate; in salomonischer Weisheit haben sie sich die Differenz aufgeteilt und wollen nun einen Teil der amerikanischen Truppen in 19 Monaten abziehen. 

Aber der Plan sieht ganz klar eine beträchtliche und grundsätzlich permanente amerikanische Militärpräsenz in Irak vor, die die politischen Vorgänge in dieser wichtigen Ölnation beherrscht – was natürlich von vorne herein einer der wichtigsten Gründe für die militärischen Aggressoren der Regierung Bush war. Durch die Realisierung seines Plans, den Krieg fortzusetzen wird Obama das Werk von Bush und dessen militaristischer Clique vervollständigen. Aus der New York Times:

“Sogar mit dem Rückzugsbefehl plant Herr Obama, eine ´Reststreitmacht` in der Größenordnung einiger zehntausend Soldaten zurückzulassen, die die Ausbildung der irakischen Sicherheitskräfte fortsetzen, fremde terroristische Zellen zur Strecke bringen und amerikanische Einrichtungen bewachen sollen ...“ 

Und ein „höherer Militäroffizier”, der abkommandiert war, um den Schmäh der Los Angeles Times anzudrehen, hatte noch eine weitere mögliche Aufgabe für die verbleibenden amerikanischen Truppen auf Lager: den Krieg im irakischen Interesse führen. Er äußerte sich erfrischend offen über die ultimativen Absichten des Plans: 

„Der höhere Offizier sagte, die Truppen könnten auch helfen, Irak vor einem Angriff von außen zu beschützen, wozu die Iraker noch nicht in der Lage sind.“ 

„Als Präsident Obama sagte, wir würden innerhalb von 16 Monaten abziehen, hörten einige Leute ´abziehen´ und glaubten, dass dann alle gehen. Aber das wird nicht passieren,“ sagte der Offizier. 

In der Tat, das „wird nicht passieren.” Einer der bemerkenswertesten Aspekte von Obamas „Krieg light“-Plan ist dessen schamlose und totale Missachtung des Abkommens, das zwischen der Vereinigten Staaten von Amerika und der angeblich souveränen Regierung des Irak geschlossen worden war und den kompletten Abzug aller amerikanischen Truppen bis Ende 2011 garantierte. Dieses „Abkommen“ war natürlich von allen als Farce erkannt worden – außer von den Massenmedien in den Vereinigten Staaten von Amerika und in den westlichen Ländern, die über „zähe Verhandlungen“ berichteten, als hätte dieses Abkommen auch nur die leiseste Bedeutung in der realen Welt. Das Abkommen enthielt Klauseln, nach denen die irakische Regierung um eine verlängerte amerikanische Präsenz nach 2011 „ansuchen“ konnte. Bedenkt man, dass jegliche irakische Regierung im Jahr 2011 völlig abhängig sein wird von amerikanischen Waffen und Geld, um an der Macht zu bleiben, war ein solches „Ansuchen“ immer als todsichere Gewissheit angesehen worden. Vielleicht sollten wir die Aufrichtigkeit der Regierung Obama bewundern, die jeden Anschein darüber fallen ließ, dass Streitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika den Irak irgendwann in absehbarer Zukunft verlassen würden. 

Aber die Scheinheiligkeit – die wirklich mörderische Scheinheiligkeit – der Behauptung, dass dieser Plan „Irak den Irakern überlässt und in verantwortungsvoller Weise diesen Krieg beendet,“ wie Obama in seiner Rede versicherte, ist zum Erbrechen. Das tut er nicht, und er weiß das.

Statt dessen verstrickt er die Vereinigten Staaten von Amerika immer tiefer in einen „Anti-Aufständischen“-Krieg, jeweils instrumentalisiert von der Clique oder Fraktion der sektiererischen Parteien in Irak, die es am besten schafft, sich Amerikas Herrschaftsinteressen in der Region anzudienen. Er sendet einen offensichtlich endlosen Strom amerikanischer Soldaten zum Sterben – und, in noch größerer Anzahl, zum Töten – in einer verbrecherischen Aktion, die dazu beigetragen hat, unser Land zu ruinieren, während sie Wellen von gewalttätiger Instabilität und Extremismus rund um die Erde geschickt hat. Er wird weiter ansteigen lassen die Kloake aus Korruption und Kriegsprofiten, die bereits atemberaubende, welthistorische Ausmaße angenommen hat.  

Das alles wird der Obama-Petraeus-Plan bewirken. Was er nicht erreichen wird ist „diesen Krieg zu beenden“ – weder „verantwortungsbewusst“ noch anderweitig. Wenn Obama sagt, dass er das wird – wie er gestern abend vor einer hingerissenen nationalen Zuhörerschaft verkündete – dann lügt er, ganz einfach und ganz bewusst.

   
     
  erschienen auf www.antiwar.com am 27.02.2009  > http://counterpunch.com/floyd02252009.html    
     
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