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  Islamische Massenvernichtungswaffen 

Eric Margolis

Während Amerika mit einer durch Schulden verwüsteten Wirtschaft und steigender Arbeitslosigkeit kämpft, sind der Iran und sein angebliches Nuklearwaffenprogramm wieder zu einem Thema größerer Auseinandersetzungen geworden. 

In den letzten Wochen ließen Vertreter der Obama-Regierung und die Medien einen Sturm sich widersprechender Behauptungen hinsichtlich der angeblichen nuklearen Bedrohung durch den Iran los, der einen sich fragen ließ, wer nun wirklich für die Außenpolitik der Vereinigten Staaten von Amerika zuständig ist.

Die Bedeutung dieser heiklen Frage zeigte sich während des Staatsbesuchs des britischen Premierministers Gordon Brown in Washington. Das Vereinigte Königreich sollte eigentlich Amerikas wichtigster Verbündeter und Partner in ihrer „besonderen Beziehung“ sein. 

Doch Browns Empfang war trist und Obamas offenkundiges Desinteresse an Großbritanniens Führer sehr verwirrend. Die britischen Medien bezeichneten den kalten Empfang in Amerika als „Beleidigung“ und behaupteten, Brown sei behandelt worden wie der Führer eines „unbedeutenden afrikanischen Staates“. Vertreter des Weißen Hauses entschuldigten den diplomatischen Faux Pas, indem sie behaupteten, Präsident Obama wäre erschöpft gewesen infolge der Mühen mit der finanziellen und wirtschaftlichen Krise. Ich bin mir sicher, dass er erschöpft ist, aber auch das lässt nichts Gutes für die Außenpolitik der Vereinigten Staaten von Amerika erahnen. 

Ein großer Teil der Aufregung um Irans bisher nicht existierende Nuklearwaffen muss gesehen werden als Versuche der Neocons, Präsident Obamas vorgeschlagene Öffnung gegenüber dem Iran zu vereiteln und die Drohung eines amerikanischen Angriffs auf den Iran aufrecht zu erhalten. 

Israels amerikanische Helfer und die israelische Regierung bestehen darauf, dass der Iran über ein nukleares Waffenprogramm verfüge, das der Westen noch nicht entdeckt habe. Die gleichen Behauptungen aus den gleichen Quellen haben wir über den Irak vor 2003 gehört. Israel kennt sich gewiss mit geheimen Nuklearprogrammen aus, nachdem es selbst eines der größten und produktivsten der Welt betreibt.

Außenministerin Hillary Clinton wurde ihrem zunehmenden Ruf, harte Standpunkte im Nahen Osten zu vertreten gerecht, indem sie den prominenten Unterstützer Israels Dennis Ross zu ihrem Berater für Iran und die Golfregion bestellte. Seine Bestellung legt die Vermutung nahe, sie werde mehr am Aufbau zukünftiger politischer Unterstützung im eigenen Land interessiert sein als an ausgewogener Beratung und ausgeglichener Vorgangsweise im Nahen Osten.

Zumindest gilt Ross als einigermaßen gemäßigt im israelischen Spektrum, nachdem er lange als „Mann in Washington” der Labour-Partei betrachtet worden war. In den Bush-Jahren wurden die der Mitte zugerechneten Labour-Leute in Washington ersetzt durch Parteigänger der rechten Likud-Partei, die dann bald die Nahostpolitik der Regierung dominierten.   

In den letzten Wochen herrschte im offiziellen Washington Verwirrung betreffend den Iran.

Der neue CIA-Direktor Leon Panetta sagte in einem Interview: „Es besteht kein Zweifel, dass sie (Iran) hinter diesem (Nuklearwaffen-) Potential her sind“.

Der Chef des Pentagon Admiral Mike Mullen behauptete, Iran habe „genügend spaltbares Material, um eine Bombe zu bauen.“ Fox News verkündete, Iran verfüge bereits über 50 nukleare Waffen.

Während das amerikanische Rom brennt, haben wir wieder diese Neuauflage der Hysterie betreffend MMVW – Muslimische Massen-Vernichtungs-Waffen. Wieder werden die Kriegstrommeln gegen Iran geschlagen.

Der Chef aller 16 Geheimdienste der Vereinigten Staaten von Amerika Admiral Dennis Blair stellte fest, Iran könnte über genügend angereichertes Uran für eine Atombombe 2010 - 2015 verfügen. Aber er bestätigte die Einschätzung der U.S.-Nationalen Geheimdienste aus dem Jahr 2007, dass der Iran keine nuklearen Waffen besitze und auch nicht daran arbeite. Verteidigungsminister Gates bestätigte Blair. Das tat auch die Nuklearagentur der Vereinten Nationen. 

Ein guter Teil der Verwirrung über den Iran stammt aus Missverständnissen bezüglich nuklearer Anreicherung, nationaler Politik und wiederaufbereiteten blutrünstigen Geschichten aus den Tagen von Saddam Hussein und dessen „Drohnen des Todes.“ 

Iran produziert niedergradiges Uran-235, angereichert auf nur 2,5%, um elektrischen Strom zu erzeugen. Dazu ist Iran absolut berechtigt gemäß dem Nuclear Non-Proliferation Treaty (NNPT – Abkommen über die Nichtverbreitung von Atomwaffen). Seine Zentrifugen für den Anreicherungsprozess in Natanz stehen 24 Stunden am Tag unter internationaler Beobachtung. Irans Reaktor in Bushehr, dessen Eröffnung bevorsteht, kann kein Material produzieren, das für Nuklearwaffen geeignet ist. Der gesamte verbrauchte Kernbrennstoff, der ebenfalls unter internationaler Überwachung steht, wird zurück nach Russland geliefert, woher er stammt.

Heute produzieren etwa 15 Nationen niedrig angereichertes Uran 235, darunter Brasilien, Argentinien, Deutschland, Frankreich und Japan. Anlässlich eines Besuchs im japanischen Verteiligungsministerium in Tokio sah ich Pläne für eine Atomwaffe. Experten sind der Meinung, Japan könne einen Atomsprengkopf innerhalb von drei Monaten produzieren, wenn es sich dazu entschließe.

Ich glaube auch – ohne es beweisen zu können – dass die Schweiz in den frühen 1960er Jahren einige nukleare Sprengköpfe hergestellt hat und diese in einer ihrer geheimen Bergfestungen für den Einsatz am Jüngsten Tag bereit hält.

Israel, Indien und Pakistan betreiben geheime Nuklearwaffenprogramme und haben sich geweigert, internationale Inspektionen zuzulassen. Nordkorea hat diese aufgekündigt. 

Es ist interessant, dass im Gegensatz zum so sehr angeprangerten Iran die alten Nuklearmächte, das sind die Vereinigten Staaten von Amerika, Sowjetunion/Russland, das Vereinigte Königreich, Frankreich und China allesamt das Nuklearwaffenabkommen verletzen. Dieses fordert alle Nuklearmächte auf, ihre nuklearen Waffen so schnell wie möglich abzubauen. Präsident Eisenhower vertrat diese Position. Weit davon entfernt, ihre nuklearen Waffen abzubauen, haben alle Nuklearmächte diese ausgebaut und modernisiert.

Die UN-Inspektoren berichten, dass Iran 1,010 kg von 2-3%ig angereichertem Uran produziert hat. Iran bleibt dabei, dass dieses der Energiegewinnung dient. Theoretisch reicht das für eine Atombombe. 

Aber um eine Atombombe herzustellen muss Uran 235 auf über 90% angereichert werden in einem komplizierten, teuren Prozess. Iran macht das nicht, sagen die UN-Inspektoren, obwohl sie bestimmte technische Fragen betreffend Irans nuklearer Möglichkeiten gestellt haben. Einige glauben, Iran könne in die Umsetzungsphase einsteigen, das heißt eine Waffe in ziemlich kurzer Zeit herstellen, nachdem die erforderlichen Komponenten vorhanden sind.

Hoch angereichertes Uran 235 oder Plutonium muss dann gemahlen und zu einer perfekten Kugel oder einem Zylinder geformt werden. Jeder Makel an der Oberfläche verhindert, dass eine kritische Masse zustande kommt. Als nächstes müssen hochexplosive Linsen den Kern umgeben und genau in derselben Millisekunde explodieren. Im Kanonensystem müssen zwei Massen mit sehr hoher Geschwindigkeit zusammenstoßen. In einigen Fällen wird ein Neuronenstrom in das Gerät gepumpt, während es explodiert.

Dieser Prozess ist höchst kompliziert. Nuklearwaffen können nicht als verlässlich betrachtet werden, bevor sie getestet worden sind. Nordkorea führte vor kurzem einen Test durch, der kläglich scheiterte. Iran hat eine nukleare Waffe weder gebaut noch getestet. Israel und Südafrika haben 1979 gemeinsam eine nukleare Waffe getestet. 

Sogar wenn der Iran eine komplizierte Nuklearwaffe herstellen könnte, würde sie nichts nützen ohne Transportmöglichkeit. Irans einziges Mittelstrecken-Raketensystem ist seine unverlässliche, ungenaue Shahab-3-Rakete mit 1.500 km Reichweite. Nukleare Sprengköpfe für den Transport an der Spitze einer Shahab-Rakete herzustellen wäre eine weitere komplexe technologische Herausforderung.  

Es ist unvorstellbar, dass Iran oder sonst jemand nur eine einzige nukleare Waffe loslassen würde. Was wenn diese nicht losginge? Man stelle sich die Blamage vor und die Racheaktionen. Iran würde zumindest zehn Sprengköpfe und ein verlässliches Raketensystem benötigen, um als Nuklearmacht ernst genommen zu werden.

Israel, das primäre Ziel für jeden iranischen nuklearen Angriff, verfügt hingegen über eine unzerstörbare Triade von aus der Luft, mit Raketen und vom Meer aus abgefeuerten Nuklearwaffen, die gegen den Iran gerichtet sind. Ein israelisches Unterseeboot mit nuklearen Lenkwaffen ist vor der iranischen Küste stationiert.

Iran würde mit nur einem Teil der von auf über 200 geschätzten Atomwaffen Israels von der Landkarte gefegt. Iran würde sicher keine Nuklearwaffen gegen seine Nachbarn am Golf einsetzen, da diese auch den Iran mit radioaktivem Staub und Sand bedecken würden.

Während Washington weiterhin das Gespenst eines nuklear bewaffneten Iran beschwört, hat Indien in aller Ruhe ein großes nukleares Arsenal entwickelt und wird in Bälde eine Interkontinentalrakete testen, die in der Lage ist, einen atomaren Sprengkopf nach Amerika zu befördern.

Wenn Obama und seine Berater so überbelastet sind, dass sie nicht einmal ein ordentliches Staatsdiner für Gordon Brown zusammenbringen, wie wollen sie dann mit Teherans schlauen, ultraschwierigen Ayatollahs zurechtkommen?  Iran hat jede Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika seit Jimmy Carter verwünscht.

Wollen wir hoffen,  dass Präsident Obama so gut bei Sinnen ist, dass er in Richtung seiner Versprechen arbeitet, die Beziehungen zum Iran zu normalisieren. Dem Iran Sand ins Gesicht zu werfen in einer Zeit, in der der neue Präsident den Krieg gegen Afghanistan ausweitet und den wirtschaftlichen Untergang bekämpft, ist eine sehr schlechte Idee.

 
     
  Copyright Eric S. Margolis 2009 - erschienen in New York am 9.3.2009 > http://www.ericmargolis.com/political_commentaries/muslim-weapons-of-mass-destruction.aspx  
     
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