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  2011

Paul Craig Roberts 

„Die abweichende Meinung ist das, was die Demokratie vor einem stillen Tod hinter geschlossenen Türen rettet.“ - Lewis H. Lapham 

Das Jahr 2011 wird den Amerikanern einen umfangreicheren und zudringlicheren Polizeistaat bringen, mehr Arbeitslosigkeit und mehr Zwangsvollstreckungen, keine wirtschaftliche Erholung, mehr Geringschätzung der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika für das Recht der Vereinigten Staaten von Amerika, für das Internationale Recht, die Verfassung, und die Wahrheit, mehr Argwohn und Misstrauen von den Alliierten, mehr Feindseligkeit vom Rest der Welt, und neue Höhen der Speichelleckerei der Medien. 

2011 zeichnet sich ab als das endgültig letzte Jahr der amerikanischen Demokratie. Die republikanische Partei ist degeneriert zu einer Partei von Braunhemden, und die Enttäuschungen der Wähler mit der sich verschlechternden Wirtschaftskrise und den fehlgeschlagenen militärischen Okkupationen werden wahrscheinlich die Republikaner 2012 an die Macht bringen. Mit diesen würden dann ihre Doktrinen der Vorherrschaft der Exekutivgewalt über den Kongress, die Gerichtsbarkeit, das Gesetz und die Verfassung und der gerechtfertigten amerikanischen Hegemonie über die Welt kommen.

Soweit das noch nicht offensichtlich ist, hat das Jahr 2010 klar gemacht, dass die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika sich nicht das Mindeste und die Meinung der Bürger kümmert. Die TSA bleibt unmissverständlich dabei, dass sie mit den Amerikanern keinen anderen Umgang erreichen will als die Beeinträchtigung ihrer persönlichen Sphäre, die sie durch ihre niemandem Rechenschaft schuldige Macht verfügt. Was die öffentliche Opposition gegen den Krieg betrifft, berichtete Associated Press am 16. Dezember, dass „Verteidigungsminister Robert Gates sagt, dass die Vereinigten Staaten von Amerika ihre Verpflichtungen gegenüber Afghanistan nicht durch die öffentliche Meinung beeinflussen lassen können.“ Gates brachte damit unverblümt zum Ausdruck, was seit einiger Zeit bekannt ist: die Vorstellung ist passé, dass die Regierung in einer Demokratie dem Willen der Menschen dient. Wenn sich diese altmodische Auffassung noch immer in Büchern über Staatsbürgerkunde findet, so wird sie bald ausgebessert sein. 

In Gag Rule (Knebelherrschaft), einer meisterhaften Aufarbeitung der Unterdrückung anderer Meinungen und dem Abwürgen der Demokratie schreibt Lewis H. Lapham, dass Offenheit eine erforderliche Tugend ist, damit Demokratien ihre Dummheiten und Verbrechen überleben können. Aber wo kann heute in Amerika Offenheit gefunden werden? Sicher nicht in den Gremien der Regierung. Justizminister John Ashcroft beschwerte sich im Justizausschuss über die Offenheitsfanatiker. Ashcroft erklärte, dass Amerikaner, die darauf bestehen, ihre Meinung auszusprechen, „Menschen Angst einjagen mit Gespenstern von verlorener Freiheit,“ „Terroristen begünstigen,“ „unsere Entschlossenheit schwächen,“ und „Amerikas Feinden Munition in die Hand geben.“ 

Das Justiz(!)ministerium sieht die Verteidigung von Habeas Corpus durch die ACLU (amerikanische Bürgerrechtsbewegung) als Verteidigung der Möglichkeit von Terroristen, Amerikaner in die Luft zu jagen, und wenn die ACLU die Meinungsfreiheit verteidigt, verteidigt sie die Aufdeckung der Lügen und Täuschungen, die die erforderliche Grundlage bilden, auf der die Regierung vortäuscht, Gottes Willen auszuführen, während der Teufel durch die Stimmen der Opposition spricht.  

Offenheit ist auch kein Wesenszug, der den amerikanischen Medien besonders zusagt. Die neokonservative Presse fungiert als Propagandaministerium für das hegemonistische amerikanische Imperium, und die „liberale“ New York Times dient dem selben Herrn. Es war die New York Times, die den Lügen des Bushregimes über die irakischen Massenvernichtungswaffen Glaubwürdigkeit verlieh, und es war die New York Times, die die Wiederwahl Bushs dadurch garantierte, dass sie die Geschichte, dass Bush schwere Verbrechen dadurch beging, dass er Amerikaner ohne gerichtliche Anordnung ausspionieren ließ, unterdrückte. Konservative beschweren sich über die „liberalen Medien,“ als wären diese eine ungeheure subversive Macht, obwohl sie ihre geliebten Kriege und Vertuschungen der Verbrechen des Bushregimes der New York Times verdanken.

Nachdem die Wahrheit zum Feind der Fantasiewelt erklärt wurde, in der sich Regierung, Medien und Öffentlichkeit bewegen, hat sich die Nation gegen Whistleblowers gestellt. Bradley Manning, der beschuldigt wird, das von Soldaten der Vereinigten Staaten von Amerika gedrehte Video über ihr mutwilliges, spaßhaftes Abschlachten von Journalisten und Zivilisten den Medien zugespielt zu haben, wurde seit sechs Monaten in Einzelhaft misshandelt. Die Ermordung von Zivilisten ist ein Kriegsverbrechen, und wie General Peter Pace, der Vorsitzende des Generalstabs, beim Nationalen Presseklub am 17. Februar 2006 sagte, „obliegt es der absoluten Verantwortung von jedermann in Uniform, einen illegalen oder unmoralischen Befehl nicht zu befolgen“ und solche Befehle öffentlich bekannt zu machen. Wenn Manning die Quelle der Nachricht ist, wurde er zu Unrecht dafür eingesperrt, dass er seiner militärischen Verantwortung gerecht geworden ist. Die Medien müssen erst zu dem Punkt kommen, dass die Person, die über das Verbrechen berichtet hat, und nicht die Personen, die es begangen haben, diejenige ist, die eingesperrt wurde, noch dazu ohne gerichtliches Verfahren. 

Die Gesetzlosigkeit der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika, die sich seit Jahrzehnten bei uns eingeschlichen hat, wandelte sich in einen vollen Galopp in den Jahren der Bush/Cheney/Obama-Regimes. Heute agiert die Regierung über dem Gesetz, aber bleibt dabei, dass sie eine Demokratie ist, die den Moslems das gleiche mit Waffengewalt bringt, und nur kurz abgelenkt wird durch die Förderung eines Staatsstreiches gegen die Demokratie in Honduras und den Versuch, die demokratische Regierung in Venezuela zu stürzen.

Während 2011 herandämmert, hat die öffentliche Diskussion in Amerika das Land auf eine faschistische Diktatur vorbereitet. Die Situation wird 2012 schlimmer sein. Die unbequemste Wahrheit, die sich aus der WikiLeaks-Saga ergibt, ist, dass der öffentliche Diskurs in Amerika aus Racherufen gegen diejenigen besteht, die uns die Wahrheiten sagen. Die bösartige Verlogenheit der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika kennt keine Grenzen. Ob das Internationale Recht Julian Assange vor den Klauen der Amerikaner oder dem Tod durch ein Geheimkommando der Regierung bewahren kann oder nicht, es arbeiten sowohl Exekutive als auch Legislative eifrig zusammen, um den Sicherheitsstaat als höchsten Wert zu etablieren, und die Wahrheit als dessen größten Feind.

Amerikas Zukunft ist die Welt des Winston Smith. (Winston Smith ist die Hauptfigur in George Orwells 1984, d.Ü.)

 
     
  Erschienen am 28. Dezember 2010 auf > http://www.antiwar.com > Artikel  
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