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  Hütet euch vor den bösen Maliern

Eric S. Margolis

 

Willkommen Mali, unsere neueste Krise! Her mit den Landkarten!

Mali ist ein großes wasserarmes Land, das sich erstreckt von der Sahara und Algeriens Grenze im Norden bis in den feuchten Süden entlang des Niger. Die meisten der 14,5 Millionen Einwohner Malis schlagen sich mühsam durch mit Landwirtschaft und Fischerei. 

Frankreich beherrschte Mali als Teil seines westafrikanischen Reichs und hat noch immer tiefgehende finanzielle, militärische, kommerzielle und geheimdienstliche Interessen an der Region.

Es ist noch nicht lange her, dass Frankreich westafrikanische Anführer einsetzte, finanzierte und an der Macht hielt mit kleinen Besatzungen von harten Fremdenlegionären. Geheime Zahlungen gibt es noch immer. Agenten des französischen Geheimdienstes DGSE und „Sonderberater“ sind hinter den Kulissen in Westafrika wie auch in Nordafrika aktiv. 

Die Vereinigten Staaten von Amerika haben rapid ihren Einfluss auf Frankreichs ehemalige afrikanische Sphäre ausgeweitet, sowohl im Bestreben, sich Rohstoffquellen anzueignen, als auch um Chinas wachsende Aktivität auf dem Kontinent einzubremsen.

Der trockene Norden Malis war ein Hinterland in Frankreichs Kolonialreich. Im letzten März eigneten sich Tuareg und militante Islamisten den riesigen Norden Malis an. In den Vereinigten Staaten von Amerika ausgebildete Armeeoffiziere stürzten damals die gewählte zivile Regierung von Amadou Touré in Bamako.

Tuareg sind kämpferische Wüstennomaden, die oft als die „blauen Männer der Sahara“ bezeichnet werden, weil ihre Haut sich von den blauen Schleiern färbt, mit denen sie immer ihre Gesichter bedecken. Französische Kolonialsoldaten und Legionäre kämpften gegen die Tuareg das 19. Jahrhundert hindurch und das halbe 20. Jahrhundert in einem romantischen Kleinkrieg, der die Grundlage für die berühmte viktorianische Novelle „Beau Geste“ lieferte.

Die Tuareg wollen ihren eigenen Staat – Azawad - aus dem Norden Malis herausgelöst haben, sowie Teile des Südens von Algerien und Mauretanien. Sie sind sozusagen die Kurden der Sahara. 

Militante Islamisten unter der Führung von Ansar Din schlossen sich erst den Tuaregkämpfern an, stießen diese dann aber ab und eroberten die sagenhafte Stadt Timbuktu. Diese wütenden Islamisten gingen daran, die historischen Gräber diverser lokaler Heiliger zu zerstören und erregten dadurch großen Unmut von Leuten im Westen, die Timbuktu nicht auf einer Karte finden könnten, und wenn ihr Leben davon abhinge. Orthodoxe Moslems lehnen die Verehrung von Heiligen als Blasphemie und Götzendienst ab.

Die Medien des Westens brandmarkten Ansar Din ohne jeglichen Beweis umgehend als „mit al Qaeda verbunden“. Heutzutage ist jeder, den wir nicht mögen, „mit al Qaeda verbunden,“ einer kleinen Gruppe, die kaum mehr existiert. Allerdings lauert hinter der nächsten Sanddüne vielleicht Al Qaeda im islamischen Maghreb, eine kleine, militante antiwestliche Bewegung aus Algerien, die nichts zu tun hat mit der originalen al Qaeda, sondern nur deren Namen benutzt.

Eine von Frankreich gestützte Abstimmung des UN-Sicherheitsrates für eine militärische Intervention in Mali zwecks Vertreibung der Rebellen steht unmittelbar bevor. Frankreich möchte, dass die westafrikanische Wirtschaftgemeinschaft ECOWAS den Antrag einbringt. Das allerdings ist nur die Art von Feigenblatt-„Koalition,“ wie sie die Vereinigten Staaten von Amerika in Afghanistan, Irak und Libyen bevorzugt haben. Alle Kämpfe und Transporte würden vom französischen Militär von Europa oder von Basen in Zentralafrika und Tschad aus geführt. Und, natürlich, von der Fremdenlegion.

Washington hat einen anderen Plan. Die Vereinigten Staaten von Amerika wollen das Modell beibehalten, nach dem sie Somalias Shebab-Bewegung bekämpfen. In den letzten vier Jahren haben die Vereinigten Staaten von Amerika rund $600 Millionen ausgegeben, um eine afrikanische Handlangerstreitmacht aus 20.000 ugandischen, äthiopischen und kenianischen Soldaten zu mieten, die in Somalia einmarschierte und gegen Shebab kämpft. 

Washington plant eine ähnliche Strategie in Mali unter der Führung seines neuen sexy Stars Africa Command. Nigeria soll eine Schlüsselrolle spielen, Marokko und Algerien könnten auch Soldaten stellen. 

Das alles scheint ein riesiger Aufwand zu sein, um einen Haufen Stammesleute in der Sahara und Unruhestifter in Kleinlastwagen in einem Gebiet zu bekämpfen, dessen wichtigste Stadt Timbuktu ein Synonym ist für Abgelegenheit und Obskurität. Macht nichts. Die Medien in den Vereinigten Staaten von Amerika und in Frankreich schlagen pflichteifrig Alarm ob der „islamischen Bedrohung“ aus der tiefsten Sahara – teilweise um von den heimischen Wirtschaftsproblemen abzulenken.  

Sind die Vereinigten Staaten von Amerika bereit, einen neuen Konflikt anzugehen – auf Kredit? Hat Washington noch nicht genug Konflikte? Anscheinend nicht.

Mali könnte sich übel entwickeln: die Nachbarn Algerien, Mauretanien, Burkina Faso und Elfenbeinküste sind instabil. Die Saharawi der westlichen Sahara haben seit Jahrzehnten gegen Marokko für ihren eigenen Staat gekämpft. Sie werden von Algerien unterstützt. 

Frankreich und die Vereinigten Staaten von Amerika bereiten sich vor, in dieses potentielle Pulverfass vorzustoßen. „Auf nach Timbuktu“ lautet der Schlachtruf des neuesten obskuren Kreuzzugs.

     
  erschienen am 13. Oktober 2012 auf > www.ericmargolis.com > Artikel  
  Archiv > Artikel von Eric Margolis auf antikrieg.com  
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