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  Obama spricht mit gespaltener Zunge über Überwachung

Sheldon Richman

 

Es ist schlimm genug, wenn die Bundesregierung uns bespitzelt. Muss sie aber darüber hinaus noch unsere Intelligenz beleidigen?

Die Antwort der Regierung auf die Enthüllungen Edward Snowdens über die geheime Überwachung des Internets und die Sammlung unserer Telefondaten durch die Nationale Sicherheitsbehörde (NSA) besteht aus einem Haufen von Widersprüchen. Regierungsvertreter haben gesagt, die Enthüllungen seien (1) alte Neuigkeiten, (2) gröblich ungenau und (3) ein Schlag gegen die nationale Sicherheit. Es ist schwer zu sehen, wie eines davon stimmen kann, von allen drei gar nicht zu reden.

Können sie nicht zumindest ihre Geschichte klarstellen? Warum sollten wir uns auf irgendetwas verlassen, was sie tun, wenn das alles ist, was sie zustande bringen?

Snowden brachte das rücksichtslose Schnüffeln der Regierung ans Licht, weil es unter anderem gegen den Schutz der vierten Zusatzbestimmung gegen unbegründete Durchsuchungen verstösst, und einen anderen Anspruch hatte er nicht. 

Der Direktor der Nationalen Geheimdienste James Clapper sagt, Snowden hätte andere Wege beschreiten sollen, um seine Bedenken zu erheben, aber es gibt keine effektiven Wege. Mitglieder des Geheimdienstausschusses im Kongress dürfen der Öffentlichkeit nicht mitteilen, was sie in ihren Sitzungen erfahren. Zwei Mitglieder des Senatsausschusses, Ron Wyden und Mark Udall haben seit Jahren gewarnt – ohne Geheimnisse zu enthüllen – dass die Obama-Administration den PATRIOT Act und ähnliche Gesetze viel breiter auslegt, als es jemals von denjenigen beabsichtigt war, die für diese Gesetze gestimmt haben. Ihre Warnungen haben keinen Unterschied gemacht.

Der Gang zum Gericht war für Snowden genauso nicht möglich. Glenn Greenwald, der Snowdens Enthüllungen in The Guardian veröffentlichte, bemerkt, dass die ACLU seit Jahren versucht hat, die Überwachungsprogramme wegen Verstosses gegen die vierte Zusatzbestimmung vor Gericht anzufechten, die Obama-Administration jedoch dieses Bemühen mit dem Argument blockiert hat, dass die ACLU keine Klageberechtigung hat. Das ist eine klassische Situation, in der sich die Katze in den Schwanz beisst. Nachdem die Überwachung geheim ist, kann niemand wissen, ob er überwacht worden ist. Wenn das aber niemand weiss, kann niemand zu Gericht gehen und behaupten, ein Opfer zu sein, und die Regierung wird sagen, dass daher der Kläger keine Berechtigung hat, die Überwachung zu bekämpfen. Gut gespielt, Obama-Administration!  

Die Administration sollte nicht mit dem fadenscheinigen Argument davonkommen dürfen, dass die Information einiger weniger privilegierter Kongressmitglieder gleichbedeutend ist mit der Information des Volkes. Das ist es nicht. Da teilt nur eine Abteilung der Regierung einigen Leuten in einer anderen Abteilung etwas mit. Diese Politiker als „unsere Vertreter“ zu bezeichnen führt höchstens in die Irre. In welchem Sinn vertreten sie uns denn?

Gleich fadenscheinig ist die Versicherung, dass die NSA nicht einzelne Menschen ohne gerichtliche Genehmigung überwachen kann. Das geheime FISA-Gericht ist eine Absegnungsstelle.

Als sich Obama 2008 für das Präsidentenamt bewarb, sagte er, dass die Amerikaner nicht zu wählen haben sollten zwischen Privatbereich und Sicherheit. Jetzt sagt er, dass „eines der Dinge, die wir diskutieren werden müssen die Frage ist, wie wir die Balance halten zwischen der Notwendigkeit, die Sicherheit für die Menschen Amerikas zu erhalten und unseren Bedenken bezüglich des Privatbereichs? Da sind nämlich einige Zielkonflikte im Spiel.” 

Wofür halten Sie uns, Herr Präsident? Sagen Sie, was Ihren jeweiligen momentanen Interessen dient?

Es ist unerhört, wenn Obama sagt, dass er diese Diskussion begrüsst – während sein Regime sich verschwört, den heldenhaften Whistleblower, der diese erst ermöglicht hat, zu fangen und vor Gericht zu zerren.

Die Debatte wäre ausserdem eh für die Katz. Niemand hat ein Recht, für dich und mich eine Entscheidung betreffend Sicherheit und Privatbereich zu treffen. Unsere Rechte sollten nicht zur Disposition stehen, besonders wenn eine herrschende Elite endgültig entscheiden wird – ausserhalb der Augen der Öffentlichkeit!  

Die Amerikaner haben aus den letzten 40 Jahren nichts gelernt, wenn sie nicht gelernt haben, dass der exekutive Bereich – egal welche Partei – jede Machtbefugnis so breit interpretieren wird, wie er will. Die Überwachung durch den Kongress ist schlechter als nutzlos; sie ist ein Mythos, besonders wenn die eine Kammer von der Partei des Präsidenten kontrolliert wird und die andere Kammer Big Government haben will, solange dieses das Etikett „nationale Sicherheit“ trägt.

Obama sagt: „Wenn die Menschen nicht nur dem exekutiven Bereich nicht vertrauen können, sondern auch dem Kongress nicht trauen und nicht darauf vertrauen, dass die Bundesrichter gewährleisten, dass wir Verfassung, Rechtsstaat und rechtsstaatliche Verfahren einhalten, dann werden wir hier einige Probleme haben.“

Das stimmt nicht. Wenn das alles ist, was Politiker auf Enthüllungen, dass sie unsere private Sphäre verletzen, zu sagen haben, dass wir ihnen vertrauen sollen, dann haben wir bereits Probleme.

 
     
  erschienen am 11. Juni 2013 auf > THE FUTURE OF FREEDOM FOUNDATION > Artikel  
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