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  Patriotismus ist die erste Plattform der Dummköpfe

Eric S. Margolis

 

Vor einhundert Jahren jubelten Menschenmengen in Paris „Auf nach Berlin!“ Menschenmengen in Berlin jubelten „Auf nach Paris!“ Der Erste Weltkrieg, das unerreichte Paradebeispiel für nationalistische/militaristische Dummheit, stand gerade bevor.

Hundert Jahre später hören wir in ganz Amerika Rufe, es Moskau wegen der Aufteilung der Ukraine „zu zeigen.“ Ein Dutzend F-16 Kriegsflugzeuge der Vereinigten Staaten von Amerika werden in das Baltikum geschickt, ein Schwadron F-15s nach Polen und ein Kriegsschiff der Vereinigten Staaten von Amerika in das Schwarze Meer. Kurz gesagt, genug, um einen Krieg zu entzünden, aber sicher nicht genug, um einen zu gewinnen.

Niemand scheint daran zu denken – außer Vlad Putin natürlich – dass die etwa 50.000 Soldaten und Beamten der Vereinigten Staaten von Amerika, die derzeit in Afghanistan stationiert sind, zu einem großen Teil auf das Wohlwollen Russlands angewiesen sind, das ihre wichtigste Nachschub- und Abzugsrouten kontrolliert. 

Während die Krise in der Ukraine weiter eskaliert, ist es absolut erschreckend, wenn man sich vor Augen hält, dass der größte Teil der amerikanischen Politiker und der Öffentlichkeit, die jetzt begeistert „auf nach ... wie hieß das noch? ... ja Charkow“ schreien, keine Ahnung hatte, wo die Ukraine liegt, von Charkow oder Luhansk gar nicht zu reden.

Ignoranz ist ein grundlegender Zündstoff für Nationalismus und Aggression. Patriotismus ist die letzte Zuflucht des Schurken, bemerkte Dr. Johnson, und der der erste Treffpunkt der Dummköpfe.

Drei Professoren der Universitäten Princeton, Dartmouth und Harvard machten gerade eine Umfrage, bei der sich herausstellte, dass nur 16% der befragten Amerikaner die Ukraine auf der Weltkarte finden konnten. Das ist eigentlich besser, als ich erwartet hatte, geht man von der notorischen Unkenntnis der Amerikaner in geografischen Dingen aus. Dass die Karte der Ukraine jeden Abend im TV gezeigt wurde, hat sicher geholfen.

Bedenklich, aber kaum überraschend stellte sich bei der Erhebung auch heraus, dass je weiter entfernt jemand die Ukraine von ihrer wirklichen Position einschätzte, dieser auch desto eher ein militärisches Eingreifen der Vereinigten Staaten von Amerika in der Ukraine befürwortete. Wenige Amerikaner konnten den Irak (wird von den meisten als Eirahk ausgesprochen), Afghanistan oder den Iran (Eirahn) auf der Landkarte finden.

„Auf gegen diese dreckigen Commies,“ so die letzte Welle von Kriegsfieber, die durch die Vereinigten Staaten von Amerika fegte, „wenn wir sie nur erwischen!“ Einige vermuteten die Ukraine in Australien oder Südamerika.

Interessant ist, dass sich bei der Umfrage herausstellte, dass die Gruppe derjenigen, die am wenigsten die Ukraine finden konnte, über 65 Jahre alt war - und eingefleischte Wähler der Republikaner.

Warum haben Amerikaner so wenig Ahnung von Geografie? Ich war in der letzten Klasse an der Diplomatenakademie der Universität von Georgetown, in der Weltgeografie unterrichtet wurde. Obwohl von wesentlicher Bedeutung für das Verständnis von internationalen Angelegenheiten und Geschichte, ist Geografie als antiquiert und bedeutungslos aus Amerikas Lehrplänen verschwunden. Das selbe gilt oft auch für Geschichte. Sogar viele gut situierte, gebildete Amerikaner haben kaum eine Ahnung von diesen Fächern.

Ein einflussreicher republikanischer Freund und ehemaliger Präsidentenberater sagte zu mir: „Wir müssen Putin davon abhalten, die Krim zu übernehmen!“

„Bevor ihr in den Krieg zieht,“ riet ich ihm, „frag deine mordsmäßigen republikanischen Unterstützer, ob sie die vier größten Städte auf der Krim kennen.“ Schweigen. 

Natürlich lebt das Kriegsfieber von Ignoranz. Hätten die Mobs in Paris 1914 gewusst, dass sie im Schlamm Flanderns sterben werden, wären wenige so fanatisch für den Krieg gewesen. Alle Seiten im Ersten Weltkrieg glaubten fälschlicherweise an einen schnellen süßen militärischen Sieg. Die große französische Stimme gegen die Dummheit des Krieges, Jean Juares, wurde von Nationalisten ermordet. 

„Der Anteil von Akademikern, die richtig die Ukraine finden konnten (20%), ist nur geringfügig höher als der Anteil von Amerikanern, die Pew (das bekannte Erhebungsinstitut) im August 2010 sagten, dass Präsident Obama ein Moslem ist,“ befanden die Professoren der renommierten Universitäten.

Etwa derselbe Prozentsatz von Amerikanern glaubt, dass Elvis noch lebt, oder dass in Bälde ein islamisches Kalifat Amerika beherrschen wird. Seit der Bush-Administration sind Dummheit und Ignoranz salonfähig geworden.

Führende Zeitungen in den Vereinigten Staaten von Amerika – „The Wall Street Journal“ und „New York Times“ – haben die Kriegstrommeln geschlagen. Das meistgesehene TV-Netzwerk – Fox – ist ein Sprachrohr der Kriegspartei. Millionen von Amerikanern und Kanadiern ukrainischer Herkunft sind natürlich tief besorgt aufgrund der Vorgänge dort. Israel ist jetzt in der Ukraine involviert.

Zu wenige Stimmen fordern Beruhigung und Zurückhaltung. Präsident Putin wird dämonisiert zu Amerikas führender Hassfigur. Wenige in den Medien wagen zu sagen, dass Putin im Interesse Russlands auf den idiotischen Vorstoß der NATO bis direkt an seine Grenzen reagiert.

Republikaner beschimpfen Präsident Barack Obama als feigen Schwächling. Ich mag feig und schwach, wenn es um Atomwaffen geht. Gottseidank ist Senator John McCain nicht Präsident, sonst könnten wir uns schon im Dritten Weltkrieg befinden.

 
     
  erschienen am 12. April 2014 auf > www.ericmargolis.com  
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