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  Rice in China – Was Susan auf ihrer Türschwelle fand

John V. Walsh

 

Susan Rice hat gerade ihren Besuch zur Vorbereitung von Obamas Besuch im November in Peking beendet. Sie reiste an als Botschafterin des Präsidenten des Unentbehrlichen Landes und wurde auf allerhöchster Ebene von Xi Jinping persönlich begrüßt, dem Präsidenten eines der vielen entbehrlichen Länder.  

Susan sieht das wahrscheinlich als einen Annäherungsbesuch in mehrfacher Weise, nachdem Peking den letzten vorgesehenen Halt auf dem Marsch des Imperiums der Vereinigten Staaten von Amerika durch Eurasien bildet – nach der Plünderung von Irak, Libyen, Syrien, Iran und Russland. Oder wie der Plan aussieht.

Aber ihre Machtanwandlungen machten bei ihrem Besuch wohl eine beträchtliche Pause. Gerade als sie angekommen war, erschien China Daily, dessen englische Ausgabe sicher am Morgen auf ihrer Türschwelle lag, mit einer Titelgeschichte unter der Schlagzeile: „China ‚größte Wirtschaft’ im Jahr 2024.“ Und darunter die ins Auge fallende Tabelle: 

 
 

Beachten Sie die Formulierung „Nominal GDP” (nominelles Bruttoinlandsprodukt). Das heißt Bruttoinlandsprodukt in realen Dollars. Der alternative und öfter gebrauchte Maßstab wird in PPP (Kaufkraftparität) angegeben, womit der Wert des Dollars je nach Kaufkraft von Land zu Land bemessen wird. Nach dem PPP-Standard hat China bereits mit den Vereinigten Staaten von Amerika gleichgezogen oder wird das laut der Weltbank innerhalb eines Jahres tun. 

Bei meinem neulichen Besuch in Peking bekam ich einige Lektionen in PPP. Zum Beispiel kostete eine einstündige Fahrt in einem sehr komfortablen Taxi als Einzelpassagier vom Flughafen nach Peking ungefähr 15 US-Dollars. In New York würde eine äquivalente Taxifahrt etwa 75 US-Dollars ohne Trinkgeld kosten. (Die Chinesen erwarten keine Trinkgelder und nehmen sie oft nicht an.) Der PPP-Maßstab ist wichtig, weil er anzeigt, wieviel für Leute mit Susan Rices Einstellung wichtige Dinge in China kosten würden – etwa der Sold eines Soldaten oder ein Unterseeboot.

Aber der „nominelle” BIP-Vergleich, den die Tabelle darstellt, ergibt ein noch beeindruckenderes Bild vom Aufstieg Chinas, da er in absoluten Dollars angegeben ist, nicht in relativen. Diese Vorhersage kommt außerdem nicht von der chinesischen Regierung, sondern von der hoch respektierten amerikanischen Firma IHS Inc. mit Sitz in Colorado und „unter den Top 10 der wissenschaftlichen, technischen und medizinischen Informationsunternehmen der Welt.“

Hätte Susan in ihrem China Daily weitergelesen, hätte sie gelesen: „‚Im Lauf der kommenden 10 Jahre ist zu erwarten, dass sich Chinas Wirtschaft auf schnelleres Wachstum beim Konsum umstellt, was der Struktur der inländischen Wirtschaft wie auch dem Wachstum der asiatisch-pazifischen Region zugute kommen wird,’ sagte Rajiv Biswas, der leitende IHS-Wirtschaftswissenschaftler für den asiatisch-pazifischen Bereich.“ Biswas fuhr fort: „Die Übertragungseffekte des starken Wachstums in China sind bereits in der gesamten APAC-Region (Asien-Pazifik-Region) spürbar. Schnelles Wachstum des chinesischen Konsums steigert die Nachfrage nach Exporten von Verbrauchsgütern, Industrieprodukten und Dienstleistungen aus anderen APAC-Ländern nach China, wobei erwartungsgemäß die ASEAN-Länder größere Nutznießer des steigenden chinesischen Konsums sein werden.

IHS erwartet, dass Chinas Bruttoinlandsprodukt im Jahr 2024 20% des gesamten Weltaufkommens betragen wird, was in etwa der Anteil ist, den die Vereinigten Staaten von Amerika jetzt halten, und der in dem Ausmaß absinkt, in dem der Anteil der nicht-westlichen Länder steigt. Biswas weiter: „Wissenschaft, Technologie und Innovation sind einige der Schlüsselsektoren, die entscheidend sein werden bei der Umwandlung von Chinas Wirtschaft von der Billigproduktion und exportgetriebenen Wirtschaft der letzten drei Jahrzehnte in eine Wirtschaft mit höherem Mehrwert, die durch die Nachfrage der heimischen Konsumenten angetrieben wird. Wenn wir einen Blick auf die Weltwirtschaft 2025 werfen, dann wird Chinas Wirtschaft eine noch größere Rolle spielen als ein entscheidender Antrieb von Welthandel und Investitionsflüssen.“

Einfach gesagt befindet sich der große Wirtschaftsmotor des Planeten jetzt in Ostasien, wobei China das Herz bildet. Denken Sie einmal darüber nach, wie die Länder dieser Region die Alternative der Vereinigten Staaten von Amerika zu China sehen, die transpazifische Partnerschaft, die diese Länder mit den Vereinigten Staaten von Amerika, einer stagnierenden Wirtschaft, und Japan, einer rückläufigen Wirtschaft zusammenkoppeln würde. Auf welche Seite sollen sie sich stellen? Diese Frage gibt dem Sager „ein Kinderspiel“ eine ganz neue tiefgehende Bedeutung. Man könnte sich auch fragen, warum Russland sich an Europa und den Westen klammern sollte, wenn Dynamik und Schaffung von Reichtum jetzt im Osten liegen. All das bleibt Russland nicht verborgen. Das Desaster der chinesisch-sowjetischen Spaltung wird sich kaum in der Form einer chinesisch-russischen Spaltung wiederholen, und das zu einem nicht geringen Teil dank der Politik der Vereinigten Staaten von Amerika.

Weiter hinten in ihrem China Daily hätte Rice einige Neuigkeiten gefunden, die sie vielleicht erfreuen würden, wenn sie nicht zu sehr darüber nachdenkt. Die Überschrift lautete „Chinas Armut zu niedrig angesetzt: Experte.“ Das würde sicher jeden überraschen, der glaubt, dass Selbstkritik „nur in Amerika“ zu finden ist. Der Artikel berichtet, dass in China mehr Menschen in Armut leben, als vermutet wurde, laut Wei Shanghan von der Asiatischen Entwicklungsbank. Während China jetzt eine Mittelklasse von 400 Millionen aufweist, also mehr als die gesamte Bevölkerung der Vereinigten Staaten von Amerika, hat es weitere 400 Millionen, die in Armut leben. Und obwohl Herr Wei feststellt, dass „Chinas Erfolg bei der Bekämpfung der Armut der größte in der Welt ist“ (tatsächlich in der Weltgeschichte), bleibt noch viel zu tun. Wei forderte die chinesische Regierung auf, die Entwicklung der Sozialversicherung und von Systemen der Sicherung des Lebensunterhalts zu fördern, die den Armen zur Verfügung stehen.  

Rice freut sich vielleicht über diese neu entdeckte Schwäche beim Ziel von Obamas asiatischer Achse, aber sie würde sich täuschen. Chinas Ziel ist es, diese gesamte Armut loszuwerden, und wie sich herausstellt, ist es ihm damit todernst. (Die Presse der Vereinigten Staaten von Amerika würde das anders hindrehen. Sie würde behaupten, dass die chinesische Führung das alles nur tut, weil sie Angst hat, ihre herrschende Rolle zu verlieren. Wie man sieht, handeln nur die unentbehrliche Nation und ein paar von ihren Alliierten altruistisch oder patriotisch.) Und in dem Ausmaß, in dem 400 Millionen in den kommenden Jahren der Armut entkommen, wird der chinesische Markt viel stärker anwachsen und wird die chinesische Wirtschaftsmacht mächtiger werden. 

Vielleicht ist es an der Zeit für Rice, ihren Boss und ihre Clique, sich mehr mit der chinesischen Vorstellung von win-win unter Ländern zu befassen und weniger mit der Beherrschung der eurasischen Länder durch die Vereinigten Staaten von Amerika. Allerdings sind die Aussichten, dass diese neue Denkweise unter der imperialen Elite der Vereinigten Staaten von Amerika um sich greift, zur Zeit erschreckend düster.

Welt, mach dich auf raue Zeiten gefasst!

 
     
  erschienen am 14. September 2014 auf > Antiwar.com > Artikel  
  Archiv > Artikel von John V. Walsh auf antikrieg.com  
 
siehe dazu im Archiv:
  Jean-Paul Pougala - Die Lügen hinter dem Krieg des Westens gegen Libyen
  Eric Margolis - Das große Gasfiasko des Westens
  Ismael Hossein-zadeh - Warum Regimewechsel in Libyen?
  Jack A. Smith - Hinter dem amerikanisch-nordkoreanischen Getöse
  Jonathan Turley - Das Große Geld hinter dem Krieg: der militärisch-industrielle Komplex
  Glen Ford - Obamas Krieg gegen die Zivilisation
  Greg McInerney - Die Ruinierung Irlands
 
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