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  Dieser Artikel wurde von Michel Chossudovsky vor über 5 Jahren GlobalResearch veröffentlicht und erschien gleich danach in deutscher Übersetzung auf dieser Website. Wie viele Artikel auf antikrieg.com ist er brandaktuell, da sich an der grundlegenden Situation in dieser Region kaum etwas geändert hat.

Geändert hat sich in erster Linie die Wahrnehmung der Konflikte im Mittleren Osten, die von der massiven Propaganda der Medien des Westens hauptsächlich als Religionskriege hingestellt werden. Dadurch wird von den wirklichen Ursachen abgelenkt und ergibt sich eine offensichtlich willkommene Gelegenheit für die Regierenden, durch den Aufbau von Feindbildern die Kontrolle über die eigene Bevölkerung voranzutreiben. Wenn in Paris Redakteure umgebracht werden, schwärmt die österreichische Innenministerin von dreistelligen Millionenbeträgen, um die Polizei mit gepanzerten Fahrzeugen und Helikoptern zwecks "Terrorbekämpfung" aufzurüsten. 14-jährige werden als "Jihadisten" vorgeführt und eingesperrt, mit einem "Islamgesetz" wird einer Tradition gehuldigt, die offenbar noch immer lebt. Böses Blut zu schaffen ist keine Kunst. Dass damit Konflikte angeheizt werden, liegt in der Natur der Sache. Die Verantwortlichen für eine derartige Politik sind demnach als Täter einzustufen, die wissentlich und willentlich das friedliche Zusammenleben der Menschen gefährden und damit die Zukunft von uns allen.

Klaus Madersbacher, antikrieg.com

 
     
  Jemen und die Militarisierung strategischer Seewege

Die Sicherstellung der Kontrolle über Socotra und den Golf von Aden durch die Vereinigten Staaten von Amerika

Michel Chossudovsky

„Wer immer auch die Hoheit über den Indischen Ozean erringt, wird eine wichtige Rolle im internationalen Geschehen spielen.” (U.S.-Marine Geostratege Konteradmiral Alfred Thayus Mahan [1840-1914])

Der jemenitische Archipel Socotra (Suqutra) im Indischen Ozean liegt etwa 80 km vor dem Horn von Afrika und 380 km südlich der jemenitischen Küste. Die Socotra-Inseln sind Naturschutzgebiet und von der UNESCO als Welt-Naturerbe anerkannt. 

Socotra liegt an der Verbindung der strategisch wichtigen Seewege Rotes Meer und Golf von Aden (s. Karte 1). Es ist von entscheidender Bedeutung für das Militär der Vereinigten Staaten von Amerika.

Karte 1

Eines der strategischen Ziele Washingtons ist die Militarisierung wichtiger Seewege. Dieser strategische Seeweg verbindet das Mittelmeer mit Südasien und dem Fernen Osten durch den Suezkanal, das Rote Meer und den Golf von Aden.

Es handelt sich hier um eine bedeutende Transitroute für Öltanker. Ein großer Teil von Chinas Industrieexporten nach Westeuropa geht über diesen strategischen Seeweg. Die Schiffsrouten von Ost- und Südafrika nach Westeuropa verlaufen ebenfalls in nächster Nähe von Socotra, durch den Golf von Aden und das Rote Meer (s. Karte 2). Ein Militärstützpunkt auf Socotra könnte dazu dienen, den Verkehr von Schiffen einschlielich von Kriegsschiffen in und aus dem Golf von Aden zu überwachen.  

„Der (Indische) Ozean ist eine wichtige Seeverbindung zwischen Nahem Osten, Ostasien, Afrika, Europa und Amerika. In ihn führen vier für den internationalen Handel bedeutsame Seewege, der Suezkanal in Ägypten, Bab-el-Mandeb (Meerenge zwischen Djibouti und Jemen), die Straße von Hormuz (zwischen Iran und Oman) und die Straße von Malakka (zwischen Indonesien und Malaysia). Diese ‚Flaschenhälse’ sind kritisch für den Welthandel mit Erdöl, weil riesige Mengen Erdöl durch sie transportiert werden.“ (Amjed Jaaved „Ein neuer Brennpunkt der Rivalität“, Pakistan Observer, 1. Juli 2009).   

Karte 2

Seemacht 

Von einem militärischen Standpunkt aus gesehen liegt der Socotra-Archipel an einer strategischen Meereskreuzung. Darüber hinaus reicht der Archipel über einen relativ großen Bereich in den östlichen Ausgang des Golfs von Aden, von der Insel Abd al Kuri bis zu der Hauptinsel Socotra (s. Karte 1). Dieses Gebiet, durch das internationale Transitstrecken verlaufen, liegt in jemenitischen Hoheitsgewässern. Ziel der Vereinigten Staaten von Amerika ist es, den gesamten Golf von Aden von der jemenitischen bis zur somalischen Küste zu kontrollieren.  (s. Karte 1).    

Socotra liegt etwa 3.000 km entfernt vom Marinestützpunkt Diego Garcia, einer der größten Militäranlagen der Vereinigten Staaten von Amerika in Übersee.

Der Militärstützpunkt Socotra

Am 2. Januar 2010 trafen sich Präsident Saleh und General David Petraeus, Oberbefehlshaber des U.S.-Central Command zu Besprechungen auf höherer Ebene hinter verschlossenen Türen.

Das Treffen Saleh – Petraeus wurde so nebenbei von den Medien als eine rechtzeitige Antwort auf die vereitelte weihnachtliche Bombenattacke auf Flug 253 in Detroit hingestellt. Anscheinend wurde es kurzfristig angesetzt, um antiterroristische Initiativen gegen „al-Qaeda in Jemen“ zu koordinieren, einschließlich „den Einsatz von amerikanischen Drohnen und Raketen auf jemenitischem Territorium.“ 

Verschiedene Berichte bestätigten allerdings, dass die Gespräche zwischen Saleh und Petraeus eine Neudefinition der militärischen Einmischung der Vereinigten Staaten von Amerika im Jemen einschließlich der Errichtung einer vollwertigen Militärbasis auf der Insel Socotra zum Inhalt hatten. Es wurde berichtet, dass Jemens Präsident Ali Abdullah Saleh „Socotra den Amerikanern überlassen hat, die dort einen Militärstützpunkt errichten werden, und darauf hinwies, dass die Vertreter der Vereinigten Staaten von Amerika und die jemenitische Regierung sich darauf geeinigt haben, auf Socotra einen Militärstützpunkt zu errichten, um Piraten und al-Qaeda zu bekämpfen.“ (Fars News, 19. Januar 2010)  

Am 1. Januar, einen Tag vor dem Treffen Saleh-Petraeus in Sanaa, bestätigte General Petraeus in einer Pressekonferenz in Bagdad, dass die „Sicherheitsassistenz” für den Jemen von 70 auf über 150 Millionen Dollars mehr als verdoppelt würde, eine Steigerung auf das 14-fache seit 2006. (Gedränge um die Insel der Seligkeit: Socotra! Krieg in Irak, 12. Januar 2010; s. auch CNN 9. Januar 2010, The Guardian 28. Dezember 2009)

Diese Verdoppelung der Militärhilfe an Jemen wurde der Weltöffentlichkeit als Reaktion auf den Zwischenfall mit dem Unterhosenbomber in Detroit präsentiert, der angeblich von der al-Qaeda in Jemen beauftragt worden war.

Die Einrichtung eines Luftwaffenstützpunkts auf der Insel Socotra wurde von den U.S.-Medien als Teil des „weltweiten Kriegs gegen den Terrorismus“ hingestellt:

„Unter anderem einigten sich Saleh und Petraeus darauf, im Rahmen der neuen Programme den Einsatz amerikanischer Flugzeuge, vielleicht auch Drohnen, wie auch ‚Schiffsgeschossen’ zuzulassen – vorausgesetzt die Operationen werden im Vorhinein von den Jemeniten genehmigt, sagte ein hoher jemenitischer Vertreter, der nicht genannt werden wollte, wenn er über sensitive Themen sprach. Vertreter der Vereinigten Staaten von Amerika sagen, dass die Insel Socotra 200 Meilen vor der jemenitischen Küste von einem kleinen Flugplatz (unter dem Kommando des jemenitischen Militärs) zu einem vollwertigen Stützpunkt aufgerüster wird, um das erweiterte Hilfsprogramm zu unterstützen und um somalische Piraten zu bekämpfen. Petraeus versucht auch, die jemenitischen Kräfte mit einer Grundausstattung wie gepanzerten Humvees und möglicherweise mehr Hubschraubern zu versorgen.“ (Newsweek 18. Januar 2010) 

Bestehende Landebahn und Flughafen

U.S.-Marinestützpunkt?

Die vorgeschlagene mililtärische Einrichtung der Vereinigten Staaten von Amerika auf Socotra ist allerdings nicht auf einen Luftwaffenstützpunkt eingeschränkt. Auch eine U.S.-Marinebasis wurde in Betracht gezogen.

Die Entwicklung der marinetauglichen Infrastruktur Socotras war bereits auf der Tagesordnung. Nur ein paar Tage (29. Dezember 2009) vor dem Treffen Saleh-Petraeus am 2.Januar 2010 gab das jemenitische Kabinett seine Zustimmung zu einem Kredit in der Höhe von US$ 14 Millionen des Kuwait Fund for Arab Economic Development (KFAED – Kuwait-Fonds für arabische Wirtschaftsentwicklung) zur Unterstützung des Seehafenprojekts in Socotra.  

Karte 3

Das Große Spiel

Der Archipel Socotra ist Teil des Großen Spiels Russland gegen Amerika.

Während des Kalten Kriegs hielt die Sowjetunion eine militärische Präsenz in Socotra, das damals zum Südjemen gehörte

Vor kaum einem Jahr begannen die Russen erneut Gespräche mit der jemenitischen Regierung über die Einrichtung eines Marinestützpunktes auf der Insel Socotra. Ein Jahr danach im Januar 2010, eine Woche nach dem Treffen zwischen Saleh und Petraeus bestätigte ein russisches Marinekommuniqué, dass „Russland seine Pläne nicht aufgebe, Stützpunkte für seine Schiffe zu haben ... auf der Insel Socotra.“ (DEFENSE and SECURITY (Russland) 25. Januar 2010. 

Die Gespräche zwischen Saleh und Petraeus am 2. Januar 2010 trugen entscheidend dazu bei, die diplomatischen Bemühungen Russlands bei der jemenitischen Regierung zu schwächen. 

Das Militär der Vereinigten Staaten von Amerika hatte sein Auge bereits seit dem Ende des Kalten Krieges auf die Insel Socotra geworfen.

1999 wurde Socotra ausgewählt „als Ort, an dem die Vereinigten Staaten von Amerika ein nachrichtendienstliches Vermittlungssystem zu errichten planten ...“ Nachrichtenmedien der jemenitischen Opposition berichteten, dass „die Regierung des Jemen sich darauf geeinigt hatte, dem Militär der Vereinigten Staaten von Amerika Zugang sowohl zu einem Seehafen als auch zu einem Flughafen auf Socotra zu gewähren.“ Laut der oppositionellen Tageszeitung Al-Haq war „ein neuer auf Socotra errichteter ziviler Flughafen in geeigneter Weise in Übereinstimmung mit den Richtlinien des Militärs der Vereinigten Staaten von Amerika konstruiert worden.“ (Pittsburgh Post-Gazette, Pennsylvania 18. Oktober 2000)

Die Militarisierung des Indischen Ozeans

Die Errichtung eines Militärstützpunktes der Vereinigten Staaten von Amerika auf Socotra ist Bestandteil des größeren Prozesses der Militarisierung des Indischen Ozeans. Letztere besteht in der Einbeziehung und Vernetzung Socotras mit einer bestehenden Struktur wie auch der Verstärkung der Schlüsselrolle, die der Militärstützpunkt Diego Garcia auf dem Chagos Archipel spielt.

Der Geostratege der U.S.-Marine Konteradmiral Alfred T. Mahan hatte schon vor dem Ersten Weltkrieg befunden, dass „wer die Hoheit über die Gewässer des Indischen Ozeans erringt, eine maßgebliche Rolle im internationalen Geschehen spielen wird.“ (Indischer Ozean und unsere Sicherheit) 

In Konteradmiral Mahans Schriften ging es um die strategische Kontrolle der bedeutenden Seewege in den Ozeanen und besonders im Indischen Ozean: „Dieser Ozean ist der Schlüssel zu den sieben Meeren im 21. Jahrhundert; das Schicksal der Welt wird in diesen Gewässern entschieden werden.“ 

Karte 4

 
     
  erschienen am 7. Februar 2010 auf GlobalResearch > Artikel  
 
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