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  Sichere Grenzen

Robert C. Koehler

 

Es ist der Ausdruck "Grenzsicherheit", der meine Seele frieren lässt, jedes Mal, wenn ich ihn ausspreche, jedes Mal, wenn ich ihn gedruckt sehe - so einfach und offensichtlich, das Äquivalent zum Verriegeln Ihrer Tür. Wurde Ihr Handy jemals durchsucht? Wenn Sie unvorsichtig damit umgehen, werden Sie den Preis dafür bezahlen.

"Das ist ein nationaler Notfall", sagte Donald Trump. "Drogen strömen in unser Land. Menschen mit enormen gesundheitlichen Schwierigkeiten und medizinischen Problemen strömen herein, und in vielen Fällen besteht Ansteckungsgefahr. Sie strömen in unser Land. Wir brauchen eine Grenzsicherung. Wir brauchen eine Mauer als Teil der Grenzsicherung."

Versiegeln Sie diese Grenze mit Gewehren und Tränengas und NATO-Stacheldraht ... und der Mauer. Die Alternative ist offenbar eine unsichere Grenze, weit offen und ungeschützt. Dies scheint die Gesamtheit der "Debatte" auf dieser Seite der Grenze zu sein. Trumps Gegner mögen entsetzt sein über die grausame Behandlung von Asylbewerbern durch die Grenzpatrouille - der Beschuss von Kleinkindern mit Tränengas, um Himmels willen -, aber sicherlich versteht jeder, dass die Grenze geschützt und gesichert werden muss. Stimmt's?

Hier sehe ich die dringende Notwendigkeit, einzugreifen, die Debatte bis hin zu weit offenen Grenzen zurückzudrängen ... überall. Anstatt das sofort als Auftakt zur Hölle auf Erden abzutun, warum nicht zuerst einmal mit der Frage beginnen: Was ist falsch an einem Planeten ohne bürokratische "Eigentumslinien", deren Verletzung Kriegsgrund ist? Was ist falsch an einem Planeten, der so offen und grenzenlos ist (mit Ausnahme der natürlichen Grenzen), wie er es 99,999% seiner Existenz lang war? Warum leben wir plötzlich in Nationen und nicht in Kulturen? Und, vielleicht am schlimmsten, warum kümmern wir uns um die Notwendigkeit, nur "amerikanische Bürger" zu schützen? Besitzen wir ein kollektives Bewusstsein, das zu klein ist, um die ganze Menschheit zu umfassen?

"Als Quäker glaube ich, dass es in uns allen das Göttliche gibt."

Das sind die Worte von Laura Boyce vom American Friends Service Committee, die diese Woche einen laufenden Protest am US-amerikanischen Grenzzaun in San Diego organisierte, wo bisher 32 Personen verhaftet wurden.

"Dieser Glaube ruft uns auf, zu denen zu stehen, die vor Gewalt und Armut fliehen", sagte Boyce, "und unsere Regierung aufzufordern, die Menschenrechte von Migranten zu wahren und die Militarisierung von Grenzgemeinden zu beenden. Angesichts unbegründeter Angst, Rassismus und Gewalt ist mutiges Handeln notwendig."

Vielleicht schützen diese Demonstranten und die globale Gemeinschaft, die sie unterstützt, auch eine Grenze: eine moralische Grenze, könnte man sagen. Dies ist die gleiche Grenze, die die Bürgerrechtsbewegung geschützt und gleichzeitig geschaffen hat.

Wenn ich die Natur dieser Grenze untersuche, muss ich anerkennen, dass die Welt tatsächlich in soziale Strukturen geteilt ist - vereint durch Sprache, Kultur, Geographie und, ja, Regierung. Es gibt also natürliche Trennungen zwischen uns, aber eine entscheidende Frage stellt sich sofort: Sind diese Spaltungen und die daraus resultierenden Unterschiede irgendwie heilig und schützenswert um jeden Preis, oder sollten sie offen sein und sich weiterentwickeln? Und wenn ja, wie schützen wir das wirklich Wertvolle, ohne dabei das, was auch wertvoll ist, zu beschädigen oder zu zerstören? Muss dieser Schutz mit einer Waffe verbunden sein?

Jetzt betreten wir ein Diskussionsgebiet, das in den amerikanischen Mainstream-Medien völlig tabu ist. Sind die Grenzen, die wir so streng schützen (womit ich die eine Grenze an unserem Südrand meine), irgendwie göttlich festgelegt? Wie wurden sie festgelegt? Eine Frage, die noch mehr tabu ist: Wie respektvoll war dieses Land gegenüber den Grenzen anderer Länder?

Diese Frage führt uns direkt zum gegenwärtigen Zustrom von Einwanderern aus dem Süden - insbesondere aus Honduras, Guatemala und El Salvador, dem nördlichen Dreieck Mittelamerikas.

1954 halfen die Vereinigten Staaten von Amerika, einen Putsch zu inszenieren, der die demokratisch gewählte Regierung von Jacobo Arbenz in Guatemala stürzte und damit die von ihm angestrebten Sozialreformen einschränkte, welche negative Folgen für amerikanische Unternehmen gehabt hätten. Wir haben stattdessen Militärjuntas mit schrecklichen Menschenrechtsverletzungen unterstützt.

Seit den 1960er Jahren, wie der britische Independent betont, "erlebten Guatemala und El Salvador Bürgerkriege, die sich über Jahrzehnte erstreckten und Hunderttausende von Menschen töteten. . . . Honduras hatte keinen Bürgerkrieg, aber es wurde als Aufenthaltsort für die Contras genutzt, eine rechtsextreme Guerilla-Gruppe, die von der Reagan-Administration im benachbarten Bürgerkrieg von Nicaragua unterstützt wurde. Diese von den amerikanischen Geheimdiensten unterstützten Kriege destabilisierten die Region und setzten Generationen einem Kreislauf von extremer Armut und Gewalt aus."

The Nation stellt fest, dass Honduras seit seinem Staatsstreich von 2009 "von konservativen Regierungen und einer Elite regiert wird, die entschlossen ist, den persönlichen Gewinn aus den Ressourcen der Nation herauszupressen. Nachdem die Vereinigten Staaten von Amerika geholfen hatten, eine Rückkehr zur Verfassungsmäßigkeit zu verhindern, erklärten die neuen Führer Honduras für 'offen für Unternehmen'. Heute hat das Land die am extremsten konzernfreundliche Gesetzgebung in der Region."

The Nation zitiert den Basisführer und Priester Ismael Morales: "Die Karawane ist die Explosion eines Druckkochers, den die honduranische Regierung in Zusammenarbeit mit einer Handvoll Unternehmen und transnationalen Eliten seit mindestens einem Jahrzehnt aufgeheizt hat."

Und die Frage der "Grenzsicherheit" findet sich plötzlich in einem größeren Zusammenhang. Wie Michelle Chen schreibt: "Obwohl sie ihren Höllen nur knapp entkommen sind, um an der Grenze Zuflucht zu suchen, ist Trumps Antwort auf ihren humanitären Appell, Amerika so unmenschlich wie möglich zu machen."

Dem möchte ich hinzufügen: Es gibt keine unmenschliche Sicherheit.

 
     
  Archiv > Artikel von Robert C. Koehler auf antikrieg.com  
  Robert Koehlers Artikel erscheinen auf seiner Website COMMONWONDERS.COM > Artikel  
 
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Bob Koehler (er bezeichnet sich als Friedensjournalist, was ich gerne bestätige - ich finde seine Plädoyers für das friedliche Zusammenleben und friedliche Lösungen immer wieder anregend und überzeugend, getragen von einem Guten Willen, der seinesgleichen sucht) gehört quasi zum Stammpersonal von antikrieg.com. Seine Beiträge sind eine große Bereicherung und ich freue mich, dass sie einen großen Leserkreis ansprechen. Sie finden sie alle hier im Archiv. Als Einzelkämpfer muss Bob selbst dafür sorgen, dass er die erforderlichen Mittel für seine Aktivitäten auftreibt, wobei die Möglichkeiten, Artikel in Publikationen unterzubringen, die dafür bezahlen, immer seltener werden.

Über seine Website kann man sein Buch "Courage Grows Strong at the Wound" ("Der Mut wird stark an der Wunde" - leider nur in englischer Sprache erhältlich) – bestellen und können auch Spenden abgewickelt werden.

Völlig problemlos funktioniert Spenden über PayPal (habe ich selbst getestet), wo man nur Bobs e-mail-Adresse - koehlercw@gmail.com - einzugeben braucht und keinerlei Formalitäten erforderlich sind.

 
  >>> Ernst Wolff Die Krise am Horizont, Zehn Jahre nach der Finanzkrise - keines der Probleme gelöst  
 
Sehen Sie dazu im Archiv:
  John F. Schumaker - Der demoralisierte menschliche Geist
  George Szamuely - Der betrügerische Krieg der NATO im Namen der Frauen
  John Horgan - Warum Töten Soldaten Spaß macht 
  Klaus Madersbacher - Seuchen
  Ismael Hossein-zadeh - Warum Regimewechsel in Libyen?
  John Pilger - V I E T N A M - Psychokrieg gegen die Geschichte
  Ann Jones / Nick Turse - Amerikas Kindersoldaten
  Chase Madar - Guantánamo, Ausnahme oder Regel?
  Glenn Greenwald - Das Verbrechen des “Nicht-Zurück-Schauens”
  Paul Craig Roberts - Privatisierung ist ein Sprungbrett für Korruption, Gleichgültigkeit ist ein Sprungbrett für Krieg
  Susanne Kablitz - Die Magie der Angst
  Debbie Harbeson - Einige tiefer gehende Gedanken zum Krieg
  Oded Na'aman - Die Kontrollstelle
  Glen Ford - Obamas Krieg gegen die Zivilisation
  Jonathan Turley - ‘Wir haben ein paar Leute gefoltert’
  Paul Craig Roberts - Was uns Obama in West Point sagte
  David Swanson - Das Pentagon versucht, aus Verlierern Sieger zu machen
 
 
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  Die Politik der Europäischen Union gegenüber Syrien ist nicht nur scheinheilig, zynisch und menschenverachtend, sie ist ein Verbrechen gegen den Frieden. Das wird etwa durch einen durchgesickerten UNO-Bericht (>>> LINK) bestätigt (von dem Sie nicht viel hören werden ...), siehe auch den Bericht der US-Abgeordneten Tulsi Gabbard (LINK) und das Interview mit dem niederländischen Pater Daniel Maes (LINK)! Neuere Informationen finden Sie in dem Artikel "In Syrien hungert jeder Dritte (LINK)". Der Bericht des Welternährungsprogramms der UNO (LINK) spricht Bände und kann daher dem breiten Medienpublikum wohl auch nicht zugemutet werden. Weitere Neuigkeiten über dieses Musterstück barbarischer Politik finden Sie >>> HIER.

Das ist die Politik der Europäischen Union, die offenbar von bestimmten Interessengruppen gelenkt wird und sich aufführt wie die Vereinigte Kolonialverwaltung der europäischen Ex-Kolonialmächte. Warum unsere politischen Vertreter nicht gegen diese kranke und abwegige, für keinen vernünftigen Menschen nachvollziehbare Politik auftreten, fragen Sie diese am besten selbst!

 
> Appell der syrischen Kirchenführer im Juni 2016 (!): Die Sanktionen der Europäischen Union gegen Syrien und die Syrer sind unverzüglich aufzuheben! (LINK) <
     
 
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