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  Der Polizeistaat

"Der Polizeistaat ist die höchste Form der organisierten Kriminalität"

Klaus Madersbacher

 

Was soll der Polizeistaat mit der Titanic zu tun haben? Ist das nicht ziemlich überspannt und schon fast eine Verschwörungstheorie?

In der Tat bestehen nicht viele Gemeinsamkeiten zwischen den beiden, abgesehen von einer: bei beiden spielt der Untergang eine zentrale Rolle.

Aber noch sind wir nicht so weit. Am Ende ist´s wieder nur so ein Annäherungsversuch ... *

Auf der Google-Suche nach obigem Satz (meiner Originalkreation) sieß ich auf folgendes:

Die bundesweite Gemeinsame Arbeitsgruppe Justiz/Polizei (GAG) hat im Mai 1990 die folgende Definition "Organisierte Kriminalität" entwickelt:

"Organisierte Kriminalität ist die von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte, planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig

a) unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen

b) unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder

c) unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft zusammenwirken."

Lassen wir das einmal auf uns einwirken ...

Die Polizei ist ein Instrument der Zivilgesellschaft, das für das mehr oder weniger friedliche Zusammenleben der Bürger sorgt, im Normalfall mit friedlichen Mitteln. Sollte mit friedlichen Mitteln kein Erfolg herbeizuführen und die Anwendung von Gewalt erforderlich sein, so verfügt die Polizei über das "Gewaltmonopol", das heißt, dass sie zu entsprechenden mit Gewalt verbundenen Maßnahmen greifen darf/muss, um eine Situation in einen friedlichen Zustand zurückzuführen.

Nun, das klingt ja edel, hilfreich und gut.

Wenn ich mir da den Polizisten aus früheren Tagen, mit grüner Uniformjacke und Amtskappel ("Schutzmann" sagte man damals, und "Freund und Helfer") vor Augen halte und mit den in Schlägeroutfit gekleideten offenbar stets gewaltbereiten Menschen unserer Tage vergleiche, dann hat sich da offensichtlich einiges getan.

Schon immer hat mich gestört, wenn zum Beispiel nach einem Rockkonzert auf einmal eine Schwadron schwer armierter Polizei da war, um - nun wen? - zu schützen. Oder wenn Demonstrationen von mit Blaulichtgeflacker und für alle Eventualitäten/Brutalitäten bereiten Einsatzkräften unter Kontrolle zu halten versucht wurden. Oder nehmen wir das widerliche Auftreten staatlicher Schlägerhorden gegen die "Gelbwesten" in Frankreich, das von "unseren" Sudelmedien als keineswegs hinterfragenswert betrachtet wird, man hat dort ja eine Demokratie, keine Frage! Ähnlich widerliches Auftreten gegen die eigenen Bürger gibt´s natürlich nicht nur in Frankreich, auch Deutsche und Österreicher kennen das. Zum Beispiel total schockierte Kinder, die nach einer Polizeibehandlung im Rahmen einer Sicherheitskonferenz in München in die friedlichen Tiroler Berge zurückkamen.

Bemerkenswert die Äußerung eines bei dem österreichischen Tierschützerprozess - einer Verhöhnung der Rechtsstaatlichkeit der Sonderklasse (> LINK) - zum Handkuss gekommenen Tiroler Künstlers, welcher der Hoffnung Ausdruck verlieh, dass es in diesem Land keine Kinder mehr geben möge, denen "die österreichische Polizei so wie seinen Kindern die Spielsachen kaputt macht."

Spielsachen haben in unserem Wertesystem keinen Stellenwert, werden die Experten vielleicht sagen, mitsamt den Verkündern ihrer Weisheiten.

Eine Polizei, die im Verlauf eines nächtlichen Überfalls Eltern und Kinder aus den Betten jagt und die Wohnung auf den Kopf stellt und die Spielsachen der Kinder kaputtmacht, und eine Justiz, die das gutheißt und so tut, als wäre nix gewesen, was signalisieren die?

Die signalisieren, dass das hierzulande im Herzen der europäischen Wertegemeinschaft möglich ist und straf- und folgenfrei betrieben werden darf.

Wie so viele andere Dinge, die öffentlich bekannt sind und wo gar nix passiert. Etwa weil der Staatsanwalt nix davon weiß? Nix davon erfährt? Weil er keine Zeitung liest oder so?

Wie auch immer - so lange jeder Hendldieb mit der vollen Strenge des Gesetzes verfolgt und bestraft wird, so lange werden die Knechte in den Redaktionsstuben in die Welt hinaus posaunen und Hinz und Kunz glauben, dass der Rechtsstaat in Ordnung ist. So lange der Ausländer unter der gestrengen Hand der Behörde geknechtet wird, so lange ist das Sicherheitsgefühl im grünen Bereich. Die Schreibtischheinis in den Ämtern werden schon wissen, was sich gehört und was nicht, die schauen auf uns und sorgen für unser Wohl, ...

"Bei uns herrschen Demokratie und Freiheit, und für die, die das nicht glauben, haben wir die Polizei," so Dr. Joschi Friedler, Kommunist und Kämpfer in der französischen Resistance, den kennenzulernen ich vor langer Zeit die Ehre hatte.

Kurz gesagt/gefragt: leben wir in einem Rechtsstaat?

Rechtsstaat heißt, dass das Recht, also Verfassung und Gesetze an oberster Stelle stehen müssen. Daran gibt es nix herumzudeuteln.

Wenn nun Polizei, Justiz oder andere Teile des "Tiefen Staates" gegen Verfassung und Gesetze verstoßen, ohne dass das negative Folgen für sie selbst hat, sprich Bestrafung für die Täter nach sich zieht, dann hat das mit Rechtsstaat nix zu tun.

In diesem Sinn könnten wir darüber philosophieren oder besser gesagt Sophisterei betreiben, wo genau die Grenzen zu ziehen sind zwischen Rechtsstaat und Polizeistaat, aber ich sehe da nur eine Grenze.

Entweder es ist ein Rechtsstaat oder es es keiner. Vielleicht ist es noch kein Polizeistaat mit all seinen Ungeheuerlichkeiten, aber es ist kein Rechtsstaat, wenn Verstöße gegen Verfassung und Gesetze durch staatliche Einrichtungen toleriert werden.

Wir Österreicher/Deutsche müssen nicht weit in die Geschichte zurückblicken, um zum Polizeistaat zum Anfassen zu kommen, sei er katholisch-faschistisch oder "nazionalsozialistisch". Die Ermordeten kommen nur selten zum Wort, die Mörder und Mitmacher und ihre Epigonen sind offenbar nach wie vor die bestimmenden Elemente und werden es offensichtlich immer mehr. Blau, braun, türkis, schwarz - man kann sich die Farbe aussuchen. Wieviel braun in rot und grün mutiert ist, weiß man nicht genau, jedenfalls ist braun oft auch dort vertreten, wo man angeblich dagegen ist. Naziverseuchte kulturelle Wüsten bilden einen Großteil dessen, was uns unsere Vorfahren hinterlassen haben.

Nun will ich hier nicht herumweinen, wie arm wir sind, weil unsere Nazivorfahren uns nur Scheiße hinterlassen haben, das wäre wohl viel zu billig. Immerhin weise ich darauf hin, dass ein wesentlicher Teil unseres kulturellen Erbes/Verständnisses auf einer "Kultur" beruht, die die Vernichtung "unwerten Lebens", "unwerter Rassen" und von "Untermenschen" aller Art als dringend erforderlich und durchaus berechtigt erachtet hat.

Die "Erfolge" dieser "Kultur" sind überschaubar: Tod und Vernichtung zuerst für die "Untermenschen", dann für die "Herrenrasse" selbst.

Anstatt darüber "trefflich zu streiten" lasse ich lieber die Titanic auftreten, noch majestätisch unterwegs im kalten Ozean. Alles unter Kontrolle - vermeintlich - aber wie ging es weiter?

Nun, nicht viel anders wie mit den vielen Polizeistaaten, die unsere Geschichte und Gegenwart aufzuweisen hat, die nach einer bestimmten Ablaufzeit untergehen mussten, weil der Polizeistaat einfach kein lebensfähiges politisches System ist. Ein feuchter Traum der herrschenden parasitären "Eliten" und ihrer Schergen, mehr nicht.

 

antikrieg-BLOG 25. Juli 2019

 
  * Dieser Beitrag erschien vor etwa einem Jahr im Rahmen der Serie "Titanic 2.0 - wo steckt der Eisberg?", daher die Hinweise auf die Titanic.  
     
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