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  Die afghanische Katastrophe

Llewellyn H. Rockwell, Jr.

Im privaten Bereich gibt es immer eine Erfolgskontrolle. Das Geschäft muss einen Gewinn abwerfen. Es kann einige Verluste aushalten, aber nur für eine bestimmte Zeit. Wenn alle Einsparungsmaßnahmen durchgeführt und die Kosten auf ein Minimum gesenkt worden sind, muss irgendwann das Geschäft geschlossen werden. Nach dem Sommer der Verluste muss der Herbst der Gewinne kommen, sonst ist alles vorbei. 

Nicht so im Regierungsbereich. Vermurkste Projekte können in alle Ewigkeit weiter gehen. Es gibt keine Kontrolle, ob sie positive oder negative Ergebnisse erbringen. In Wirklichkeit gibt es gar keine Kontrolle. Agenturen wie der Rechnungshof können Fälle von unglaublicher Verschwendung aufzeigen, aber kaum jemand kümmert sich darum. Der Kongress hat keinen Grund, dagegen vorzugehen. Niemand hat einen. Die Steuerzahler haben keine Möglichkeit, den Stecker zu ziehen, weil die ganze Angelegenheit außerhalb ihres Bereichs verläuft.

Nun, nach einer Einleitung wie dieser werden Sie denken, dass ich über Medicare, öffentliche Schulen oder die Post reden werde. Das wäre kein Problem. Wir wollen aber nie vergessen, dass die Außenpolitik einen Bereich von Regierungsmanagement, zentraler Planung und bürokratischen Aufgaben bildet, der nicht mehr oder weniger als alles andere erreicht, was eine Regierung so betreibt.  

Hier geht es um die Invasion und Okkupation von Afghanistan. Der oberste militärische Befehlshaber dort, General Stanley A. McChrystal hat einen Bericht geschrieben (der vertraulich sein sollte, aber als e-mail bei der Washington Post landete), der besagt, dass die gesamte Operation daneben gehen werde, wenn nicht bald neue Truppen eintreffen. Sie werden den Aufstand nicht besiegen können, wenn nicht mehr Gewalt eingesetzt wird. Das ist ein ernstes Problem, überhaupt wo es nicht unvernünftig ist, davon auszugehen, dass die derzeitigen und kommenden Aufstände von der gesamten Bevölkerung Afghanistans ausgehen, vielleicht ausgenommen diejenigen Leute, die direkt von den Vereinigten Staaten von Amerika bezahlt werden.

Wie gut erinnere ich mich noch an diesen amerikanischen Überfall auf Afghanistan in der Folge des 11. September 2001. Die Vereinigten Staaten von Amerika mussten einfach jemanden abmurksen, und das möglichst schnell. Die islamischen Sturschädel, die dieses Land beherrschten, gaben ein gutes Ziel ab, besonders wo der Durchschnittsamerikaner bezweifelt, dass jemand in einem so entlegenen Land, wo sich die Leute komisch anziehen und verrückte Sachen glauben, überhaupt für etwas gut ist. Holen wir sie uns!

Da gab es kaum eine Opposition. Ja sicher, ein paar von uns* gab es schon. Aber im Großen und Ganzen waren alle dabei, als wäre es darum gegangen, Gerechtigkeit walten zu lassen, was ja zu den Aufgaben einer Regierung gehört, zumindest behauptet sie das. Soweit ich weiß, waren alle Denkfabriken in Washington dabei. Es war der am wenigsten anstößige Krieg in neuerer Zeit, einer, gegen den fast niemand war.  

Macht nichts, dass der genaue Zusammenhang zwischen 9/11 und Afghanistan bestenfalls verschwommen war. Macht nichts, dass die geheimen Verstecke der angeblichen Terroristen dort von den Vereinigten Staaten von Amerika selbst in der Zeit der sowjetischen Okkupation errichtet worden waren. Der wirkliche Grund für den Angriff unterschied sich kaum von dem Überfall auf den Irak: es war etwas, was die Regierung Bush wollte und wofür 9/11 den Vorwand lieferte.

Werden sich Erfolge einstellen? Jeder mit einer Ahnung von Geschichte kennt die Antwort auf diese Frage. Die Briten versuchten es und haben verloren. Die Sowjets versuchten es und haben verloren. Nur wenn man glaubt, dass die Vereinigten Staaten über magische Kräfte verfügen, kann man glauben, dass diese siegen werden. Nach der Invasion flüchteten die Taliban – sehr klug – und gingen in die Berge, um Jahre lang mit uns ihre Hetz zu haben, und so geschah es auch.

Der Bericht des Generals allerdings kann nicht einmal das Versagen erkennen: „Wenn die Situation auch ernst ist, kann der Erfolg noch immer erreicht werden.“

Ja, sicher, und wenn wir diesem Regenbogen weiter folgen, werden wir am Ende einen Topf mit Gold finden. Wir brauchen nur weiter zu gehen und dem General zu folgen. 

Leute reden von der Notwendigkeit einer Exit-Strategie. Ein viel ernsteres Problem für eine Regierung ist die Exit-Motivation. So lange vermurkste Programme weitergehen, lieben das die Beamten. Die Bürokraten haben Macht. Das Geld fließt. Der Kongress kann die Verträge verteilen. Die Firmen in Verbindung mit der kriegerischen Führung bekommen Verträge und können ihre Struktur entwickeln. Der Staat kann Macht und Muskeln zeigen.

Was ist daran nicht so gut? Die Kosten werden von anderen getragen, etwa von Amerikanern, die mit Steuern und Inflation bezahlen, und von den Menschen in Afghanistan, die in Chaos und Angst leben und wenig Chancen auf ein normales Leben haben, so lange ihr Land als Baueropfer in der internationalen Politik herhalten muss. Die Verbitterung, die in Zeiten der Okkupation aufgebaut wird, hält viele Generationen lang an, und die Vereinigten Staaten von Amerika werden lange einen teuren Preis bezahlen.

Aber Niederlage? Das werden die Vereinigten Staaten von Amerika nie zugeben. Die Antwort heißt heute wie bereits unter Bush und wird in alle Ewigkeit bei Regierungsprogrammen lauten: mehr Gewalt, mehr Tod, mehr Geld, mehr Entschlossenheit zum Sieg. Der private Sektor kann sich das nicht leisten, was genau den Grund dafür bildet, dass alles, was das Leben lebenswert macht, privat produziert wird, während all das, was die Regierung betreibt, die Entwicklung der Zivilisation bremst und Zerstörung und Katastrophen bringt, wo immer diese hinkommt.

* Llewellyn H. Rockwell schrieb am 11/7/2001 auf > http://mises.org/story/820:

„Sie werden für diesen Krieg bezahlen, und Sie werden aus den Schlagadern heraus bezahlen. Winkt mit euren Fahnen und lasst sie hoch leben, so lange die Party andauert, aber glaubt nie, dass das einzige, was zerstört wird, Lehmhütten und deren Bewohner sind. Der Katzenjammer wird sich hier zuhause einstellen, und die Zerstörung wird für jedermann sichtbar sein.“

 
     
  erschienen am 22. September 2009 auf > LewRockwell.com > http://www.lewrockwell.com/rockwell/afghan-disaster130.html  
     
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