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  Die Vereinigten Staaten von Amerika unter Druck wegen ihrer Beschützerrolle Israels hinsichtlich der Massaker von Gaza

Thalif Deen

Eine Entscheidung der Vereinigten Staaten von Amerika, Maßnahmen des UN-Sicherheitsrats gegen Israel und die militante palästinensische Hamas wegen Kriegsverbrechen während des 22 Tage dauernden Gaza-Konflikts im vergangenen Dezember abzuwürgen, ist unter schweren Beschuss von außerhalb wie innerhalb der Vereinten Nationen geraten.

In einer Rede vor dem UN-Sicherheitsrat am Mittwoch drängte der Vorsitzende der 118 Länder umfassenden Bewegung der Blockfreien Staaten (Non-Aligned Movement – NAM) Botschafter Maged Abdelaziz aus Ägypten die 15 Mitglieder der mächtigen Runde, die Ergebnisse der U.N.-Ermittlungskommission unter Richter Goldstone „ernsthaft zu behandeln und deren Empfehlungen zu folgen.“

Die Administration des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika Barack Obama sagt jedoch, die Anschuldigungen bezüglich Kriegsverbrechen in dem Goldstone-Bericht, der im vergangenen Monat herausgekommen ist, sollten im Bereich der in Genf angesiedelten Menschenrechtskommission behandelt werden, nicht im UN-Sicherheitsrat in New York.

Trotz der Vorbehalte der westlichen Staaten beschloss der Sicherheitsrat, am Mittwoch eine Sondersitzung über den Nahen Osten abzuhalten: ein Treffen, das den Mitgliedsstaaten die Möglichkeit bot, den Goldstone-Bericht zu diskutieren und sich mit den schweren Verstößen gegen internationale Menschenrechte während des Gaza-Konflikts sowohl seitens Israels als auch der Hamas zu befassen.

„Dass Präsident Obama den Friedensnobelpreis bekommt, nachdem er kein Wort zum Krieg in Gaza gesagt und nach der Unterstützung eines Staates durch seine Regierung, der Kriegsverbrechen begangen hat, ist eine Ungeheuerlichkeit,“ sagte Michael Ratner, Präsident des Zentrums für Verfassungsrechte in New York zu IPS (Inter Press Service).

Die Zahl der in diesem Konflikt getöteten Palästinenser liegt nach Schätzungen zwischen 1.387 und 1.417, die meisten davon Zivilisten, im Vergleich zu vier getöteten Israelis in Südisrael und neun Soldaten, die während der Kämpfe ums Leben kamen, vier davon infolge „freundlichen“ Feuers aus den eigenen Reihen.
Ratner sagte, man hoffe, dass die Vereinigten Staaten von Amerika die Überweisung beider – Israels wie der Hamas – an den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) für die Einleitung einer Untersuchung der in Gaza begangenen Kriegsverbrechen nicht behindern werden.

„Leider zeigt ihre Aufführung bei der Menschenrechtskommission (in Genf), wo sie den Goldstone-Bericht als zutiefst fehlerhaft bezeichneten, dass sie wieder alles in ihrer Macht stehende unternehmen werden, jegliche Ermittlung gegen Israel wegen Kriegsverbrechen zu hintertreiben,“ fügte er hinzu.

Auf diese Weise gibt Washington Israel grünes Licht für die weitere Begehung von Gewalttaten, sagte Ratner, der die gemeinnützige Organisation für Menschenrechtsverfahren leitet. 

Dass die Angelegenheit nicht an den ICC überwiesen wurde, widerspricht jeglicher Behauptung, dass das Recht gleichermaßen auf Israel und die Palästinenser angewendet wird, bemerkte er.

„Dass die Vereinigten Staaten von Amerika den Bericht angegriffen haben, der von Richter Goldstone verfasst worden ist, einem der herausragenden Juristen der Welt, zeigt, dass sie bereit sind, beide, das Recht und einen respektierten Juristen, herabzuwürdigen in ihrem Bemühen, einen verbündeten Staat ungeachtet seiner Verbrechen zu schützen,“ erklärte Ratner.

Der Goldstone-Bericht hat empfohlen, der UN-Sicherheitsrat solle Israel auffordern, innerhalb der nächsten sechs Monate über Untersuchungen und Strafverfahren an ihn zu berichten, die es in Hinblick auf die in dem Bericht erwähnten Verstöße unternommen hat.

Im Zuge der skrupellosen militärischen Aktion unter dem Codenamen „Operation Cast Lead“ („Operation vergossenes Blei“) zerstörten die Israelis Häuser, Fabriken, Wasserwerke, Schulen, Krankenhäuser, Polizeistationen und andere öffentliche Gebäude.

Der Bericht enthielt weiter die Empfehlung, der UN-Sicherheitsrat solle eine eigene Kommission aus unabhängigen Experten zusammenstellen, die an ihn über den Fortschritt der israelischen Untersuchungen und Strafverfahren berichten sollten.

„Wenn die Berichte der Experten nicht innerhalb von sechs Monaten darauf hinweisen, dass ernstzunehmende unabhängige Verfahren eingeleitet worden sind, sollte der UN-Sicherheitsrat die Angelegenheit Gaza an den Ankläger des Internationalen Strafgerichtshofs (ICC) übertragen,” legte der Bericht nahe.

Desgleichen empfahl der Bericht, dass die gleiche Expertengruppe dem UN-Sicherheitsrat über die Schritte der zuständigen Behörden in Gaza bezüglich der Verbrechen berichten solle, die auf palästinensischer Seite begangen worden sind. 

Die schwerwiegendste Anschuldigung des Berichts richtet sich jedoch nicht gegen Hamas, sondern gegen den Staat Israel, der beschuldigt wird, eine Blockade gegen Gaza zu betreiben, „die auf kollektive Bestrafung hinausläuft,“ die als Teil einer „systematischen Politik fortschreitender Isolierung und Deprivation des Gaza-Streifens“ betrieben wird.

Stephen Zunes, Professor für Politik und Internationale Studien an der Universität San Francisco sagte IPS, die Obama-Administration und die Anführer beider Kongressparteien scheinen die Politik der Administration des vorherigen Präsidenten George W. Bush fortzusetzen, indem sie diejenigen ignorieren und anprangern, die sich erdreisten, über Verstöße der Vereinigten Staaten von Amerika oder deren Verbündeten gegen Internationales Menschenrecht zu berichten.

„Sie machen sich besonders Sorgen darüber, dass die Angelegenheit vor den Internationalen Strafgerichtshof kommen könnte, wo diese Palästinenser und Israelis, die Kriegsverbrechen begangen haben, verurteilt werden könnten,” sagte er.

Die Obama-Regierung scheint entschlossen zu sein, diese Kriegsverbrecher straffrei ausgehen zu lassen, sagte Zunes, der auch das Studienprogramm über den Nahen Osten leitet und umfangreich über den UN-Sicherheitsrat publiziert hat.

Er sagte, dass obwohl die Botschafterin der Vereinigten Staaten von Amerika bei der UNO Susan Rice erst vor ein paar Monaten bei einer UNO-Debatte über Darfur im Sudan geäußert hatte, dass Kriegsverbrechen niemals zugunsten politischer Gründe geduldet werden dürften, sie jetzt behauptet, eine ähnliche Vorgangsweise im Gaza-Konflikt könne den Friedensprozess beeinträchtigen.

„Ironischerweise besteht die Regierung Obama darauf, dass die Angelegenheit im Bereich der UNO-Menschenrechtskommission bleiben müsse, die sie wiederholt als antiisraelisch hingestellt hat,“ sagte Zunes.

Jedenfalls ist den Vertretern der Vereinigten Staaten von Amerika bewusst, dass, wenn die Angelegenheit vor den UN-Sicherheitsrat kommt wie von der Goldstone-Kommission empfohlen, damit eine Debatte über Verletzungen der Internationalen Menschenrechte durch einen engen Verbündeten in einem Gremium stattfindet, das im Gegensatz zur Menschenrechtskommission über Mittel zur Durchsetzung verfügt.

„Das würde auch eine viel umfangreichere mediale Berichterstattung über die israelischen Kriegsverbrechen ermöglichen, von denen der Großteil mit Waffensystemen und Munition der Vereinigten Staaten von Amerika begangen wurde,“ bemerkte er. 

Yvonne Terlingen, die Vertreterin von Amnesty International bei der UNO verlangte die rasche Einsetzung eines unabhängigen Komitees aus Experten für Internationales Humanitäres Recht und Menschenrechte, um zu beobachten und zu berichten.

Ein solcher Bericht, sagte sie, sollte innerhalb eines vorgegebenen Zeitrahmens an den UN-Sicherheitsrat und andere Gremien der UNO gehen und Aufschluss darüber geben, welche rechtlichen und anderen Mittel seitens Israels und der Behörden in Gaza ergriffen worden sind, um die Verantwortlichkeit für Verstöße gegen Internationales Humanitäres Recht und Menschenrechte im Gaza-Konflikt herauszufinden.

In der vergangenen Woche beschloss die Menschenrechtskommission auf Drängen der Palästinenser einen Entschließungsentwurf, der die im Goldstone-Bericht enthaltenen Empfehlungen bekräftigt hätte. 

Dieser Entschließungsentwurf hätte in der nächsten Sitzung der Kommission im März 2010 behandelt werden sollen.

Der Aufschub führte jedoch zu einem derartigen politischen Eklat, dass er die Palästinenser zu einer dramatischen Wende zwang: zur Unterstützung einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats am Mittwoch sowie einer Sondersitzung der Menschenrechtskommission am Donnerstag, um den Goldstone-Bericht zu behandeln.

Sarah Leah Whitson, zuständig für den Nahen Osten bei Human Rights Watch sagte, das Ausbleiben der Zustimmung der Vereinigten Staaten von Amerika und europäischer Staaten für den Goldstone-Bericht in der Sitzung der Menschenrechtskommission in Genf „hat die schreckliche Botschaft verkündet, dass schwere Verstöße gegen die Gesetze der Kriegsführung seitens verbündeter Staaten toleriert würden.“

Vor dem UN-Sicherheitsrat gab der Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika Alejandro Wolff am Mittwoch die vorhersehbare Stellungnahme ab, dass die Vereinigten Staaten von Amerika weiterhin „schwere Bedenken bezüglich des (Goldstone-)Berichts haben, wegen seiner einseitigen Schwerpunktsetzung auf Israel, der zu ausgedehnten Palette seiner Empfehlungen und wegen seiner pauschalen rechtlichen Schlussfolgerungen.“

Trotzdem, sagte er, „nehmen wir die Beschuldigungen in diesem Bericht ernst.“

„Israel verfügt über die Einrichtungen und die Fähigkeit, ernsthafte Untersuchungen dieser Beschuldigungen durchzuführen und wir ermutigen es, das zu machen,” sagte Wolff.

Er sagte auch, dass Hamas „eine terroristische Organisation ist und weder die Fähigkeit noch den Willen hat, ihre Verstöße gegen die Menschenrechte zu untersuchen.“

 
     
  erschienen am 15. Oktober 2009 auf > www.antiwar.com > http://original.antiwar.com/deen/2009/10/14/us-berated-for-shielding-israel-on-gaza-killings/  
     
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