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  Wahre Lügen

Ayman Mohyeldin 

Jemand sagt nicht die Wahrheit über die Umstände hinter den Bestrebungen, die israelische Oppositionsführerin Tsipi Livni im Vereinigten Königreich zu verhaften.

Es ist eine dieser Geschichten, die aus dem Nichts kommen, und nur wenige wissen wirklich, was geschehen ist.

Es begann, als Al Jazeera berichtete, dass ein britisches Gericht einen Haftbefehl gegen die ehemalige israelische Außenministerin und Architektin des Gaza-Kriegs erlassen hat.

Stunden lang dementierten israelische und britische Stellen den Bericht. Dann bekamen britische und israelische Medien Wind von der Geschichte und begannen sie zu berichten. Am Montagabend war sie unwiderlegbar.

Livni hatte eine Rede vor dem Jewish National Fund im Vereinigten Königreich abgesagt, aber warum und wann sind noch immer nicht beantwortete Fragen.

Nachdem ein britisches Gericht den Haftbefehl für Tsipi Livni ausgestellt – dann zurückgezogen – hatte, legte die israelische Regierung plötzlich los, nachdem sie erst die Berichte dementiert hatte, ging über zur Schadensbegrenzung und ließ eine beleidigende Kritik gegen die britischen Regierung los. 

Das ist es, was wir wissen. Von hier weg wird´s düster ...

Livinis Leute sagen, sie hätte die Veranstaltung schon vor Wochen aufgrund von Terminproblemen abgesagt. Israelische Medien berichten, Livni habe am Sonntag in letzter Minute abgesagt.

Jemand sagt nicht die Wahrheit.

Livni wollte den britischen Premierminister Gordon Brown treffen. Dieser lehnte ab. Der Grund für Livnis Verlangen nach einem Treffen mit Brown, so argwöhnen einige, lag darin begründet, dass sie, falls ihre Reise in offizieller Funktion erfolgte, unter diplomatischer Immunität gestanden wäre.

Als Brown es ablehnte, die Vorsitzende der Kadima-Opposition zu treffen, hatte die Reise nur mehr privaten Charakter und hätte sie der Gefahr einer Verhaftung ausgesetzt.

Ein ähnlicher Haftbefehl gegen Ehud Barak, den israelischen Verteidigungsminister, wurde unbefristet ausgesetzt, da er als offizieller Besucher diplomatische Immunität genoss, als er im September in das Vereinigte Königreich kam.

Zu ihrem Pech konnte sich Livni nicht dieser selben Immunität erfreuen. Es hat den Anschein, als wäre Barak klugerweise Netanyahus rechtsgerichteter Regierung beigetreten – während Livni und Kadima sich weigerten. Zumindest kann Barak jetzt länger in das Vereinigte Königreich reisen, ohne Schwierigkeiten befürchten zu müssen!

Es überrascht, dass die britische Regierung, anstatt sich zu erheben und ihr eigenes Rechtssystem zu verteidigen, sich von dieser Sache distanziert und es Israel erlaubt, sich eindeutig in seine inneren Angelegenheiten und in das Regierungssystem einzumischen.  

In einer Stellungnahme sagt das Vereinigte Königreich, es sei entschlossen, „ein strategischer Partner Israels zu sein ... und es werde die Auswirkungen dieser Angelegenheit vordringlich im Auge behalten.“

Ich hätte erwartet, dass die britische Regierung gesagt hätte, das seien die Gesetze unseres Landes und wir halten diese ein, aber dies ist nicht das erste Mal, dass die Regierung vor öffentlichem Druck aus Israel klein beigegeben hat.

Schon 2005 entschuldigte sich der damalige britische Außenminister Jack Straw bei seinem israelischen Kollegen für einen Zwischenfall auf dem Flughafen Heathrow, als ein israelischer Beamter, der wegen Kriegsverbrechen ausgeschrieben war, sich weigerte, das Flugzeug zu verlassen aus Angst, er würde verhaftet. 

Britische Sicherheitsbeamte weigerten sich, ihn im Flugzeug zu verhaften, da sie fürchteten, ein Konflikt mit israelischen Sicherheitsagenten hätte zu einer Schießerei geführt.

Vielleicht kriege ich´s hin – der britische Außenminister entschuldigte sich dafür, dass seine Regierung nicht eine gültige Anordnung des eigenen Justizsystems durchgesetzt hat?

Aber da könnte sich eine noch interessantere Ironie daraus ergeben.

Die israelischen Medien haben mehrere Reaktionen von verschiedenen Politikern gebracht. Einer brachte es so: „Britische Politiker könnten sich selbst in einer ähnlichen Lage finden aufgrund von Luftangriffen britischer Besatzungen auf bevölkerte Zentren in Serbien, Irak und Afghanistan.“

Interessant? Ich möchte wissen, ob das Vereinigte Königreich mehr daran interessiert ist, Israel zu beruhigen oder sich davor fürchtet, dass seine eigene Schmutzwäsche öffentlich zur Schau gestellt wird, wenn seine Vertreter im Ausland mit Haftbefehlen konfrontiert werden.

 
     
  Erschienen am 16. Dezember 2009 auf > ALJAZEERA BLOGS > http://blogs.aljazeera.net/middle-east/2009/12/15/true-lies  
     
     
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