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  Ahmadinejad provoziert westlichen Ärger

Eric Margolis

Zur Feier des 31. Jubiläums der Iranischen Revolution kündigte Präsident Mahmoud Ahmadinejad munter an, dass sein Land Uran auf 20% anreichern werde.

Der feurige Ahmadinejad scheint sich zu freuen, wenn er ein Aufheulen der Empörung des Westens hervorrufen kann. Das dauerte dann auch nicht lange. Westliche Medien und Politiker verurteilten lautstark die letzten iranischen nuklearen Bemühungen und behaupteten, diese würden Iran in Reichweite der 85-90%-igen Anreicherung bringen, die für Atomwaffen erforderlich ist.

In der Tat will der Iran nur 40 Kilo niedergradigen Urans auf 20% anreichern, um einen kleinen Forschungsreaktor in Teheran zu betreiben, in dem medizinische Isotope für die Behandlung von Krebs und Bildgebung produziert werden. Der Iran beharrt darauf, dass er nicht die Herstellung nuklearer Waffen plant. 

Teheran hat angeboten, sein niedrig angereichertes Uran gegen Brennstäbe aus Europa und Russland auszutauschen. Der Iran verlangt allerdings, dass der Austausch gleichzeitig erfolgen muss, während die von den Vereinigten Staaten von Amerika angeführten westlichen Mächte fordern, der Iran müsse sein Uran zuerst übergeben, um die Brennstäbe dann später zu bekommen - wenn er sich benimmt.

Dieser letzte Sturm im Wasserglas beruht darauf, dass der Iran langsam eine nukleare Industrie aufbaut, um Elektrizität zu produzieren, wie er sagt. Irans Erdöl wird immer weniger. Vierzig weitere Länder befinden sich auf einer ähnlichen oder höheren Stufe der Kernkraftproduktion. Das alles ist völlig rechtmäßig laut den Regeln der Atomenergieagentur der UNO.

Sowohl die Inspektoren der UNO als auch die U.S.-Geheimdienste sagen, es gebe keine Beweise dafür, dass der Iran nukleare Waffen entwickelt. Alle anderweitigen Behauptungen haben sich als Fälschungen erwiesen. Aber das nuklear bewaffnete Israel und seine Anhänger warnen davor, dass der Iran nukleare Waffen entwickelt und verlangen Sanktionen oder Krieg.

Warum erregt der Iran weiterhin westlichen Ärger, bietet dem UN-Sicherheitsrat die Stirn, fordert Sanktionen heraus und riskiert einen verheerenden israelischen Überfall, wenn er einfach Brennstäbe in Europa kaufen könnte, die nicht für Atomwaffen verwendet werden können?

Vor 31 Jahren stürzten die Iraner die verhasste von den Vereinigten Staaten von Amerika gestützte Monarchie des Reza Shah Pahlavi. Die Revolution wurde geführt von einem im Ausland lebenden schiitischen Geistlichen, Ayatollah Ruhollah Khomeini und einem alten Studienfreund von mir, Sadegh Ghotbzadeh. Dieser historische Aufstand wurde entzündet vom Zorn der Iraner über die Missherrschaft eines vom Westen eingesetzten Despoten, der den Islam verspottete, es seiner diebischen Familie erlaubte, das Land zu plündern und Milliarden für amerikanische und britische Waffen ausgab, während sein Volk hungrig und ungebildet blieb.  

Die gefürchtete von den Vereinigten Staaten von Amerika und Israel ausgebildete Geheimpolizei Savak hielt den Shah an der Macht durch ein Regime des Terrors und der Folter. Die Iraner beschuldigten später die Vereinigten Staaten von Amerika und das Vereinigte Königreich, 1980 Saddam Husseins Überfall auf den Iran angestiftet und finanziert zu haben, der eine Million Iraner das Leben kostete.

In den 1970er Jahren bot Washington dem Shahregime den Verkauf von 31 Atomreaktoren an. Laut Berichten bot Israel mit Atomsprengköpfen ausgestattete Raketen mittlerer Reichweite im Austausch gegen Erdöl an. Nach der Revolution wurde der Iran zu einem „terroristischen Regime“ erklärt, als Khomeini forderte, das Geld für das Erdöl des Nahen Ostens müsse den Menschen zugute kommen statt den von den Vereinigten Staaten von Amerika gestützten Monarchien, und die Sache der Palästinenser unterstützte.

Die Kernkraft ist zum nationalen Schlüsselthema des Iran geworden. Ali Khamenei, der derzeitige spirituelle Anführer, behauptet, das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten von Amerika seien entschlossen, der muslimischen Welt moderne Technologie vorzuenthalten, um sie rückständig zu halten, schwach und gezwungen, westliche Waffen und Exportgüter zu kaufen. Das imperiale Großbritannien machte das mit Indien und hielt seine Kolonie zwei Jahrhunderte lang in wirtschaftlicher Rückständigkeit. 

Für die meisten Iraner bedeutet die Entwicklung der Kernkraft den Ausbruch aus ihrem durch den Westen geschaffenen technologischen Ghetto und Modernisierung. Es geht um profunden nationalen Stolz und Widerstand: Iran war wiederholt überfallen worden von Großbritannien und Russland, seine Regierungen wurden von westlichen Mächten gestürzt und sein Erdöl ausgebeutet. Nukleare Technologie bietet Unabhängigkeit und Waffen für die Selbstverteidigung, wenn Teheran das will.

Zur Bestürzung des Westens unterstützen die meisten Anführer der derzeitigen iranischen Protestbewegung das nukleare Programm. Wenn Ahmadinejad gestürzt würde, würden die nuklearen Anstrengungen des Iran weitergehen, es sei denn, die Vereinigten Staaten von Amerika und das Vereinigte Königreich wären in der Lage, ihre Strategie zu realisieren, ein neues gefügiges royalistisches Regime in Teheran einzusetzen. 

Aus der iranischen Sicht sieht es so aus: wenn Frankreich und das Vereinigte Königreich, die Nachbarn Russland, Israel, Pakistan und Indien (neuerdings mit Hilfe der Vereinigten Staaten von Amerika) Atomwaffen haben können, warum kann der Iran nicht zumindest das Wasser für den Tee mit nuklearer Energie kochen?

 
     
  erschienen am 12. Februar 2010 in der TORONTO SUN > http://www.torontosun.com/comment/columnists/eric_margolis/2010/02/12/12859091.html  
     
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