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  35 Jahre nach dem Fall von Saigon

Gabriel Kolko

Die Kriege der Vereinigten Staaten von Amerika waren immer sehr teuer und kapitalintensiv, es wurden die neuesten Waffen eingesetzt, die nur zu bekommen waren und es wurde davon ausgegangen, dass man es mit einem modernen, gut organisierten Feind wie der Sowjetunion zu tun habe. Das immer weiter steigende Budget für das Pentagon ist nahezu die einzige Angelegenheit, in der sich Republikaner und Demokraten einig sind. Es ergeben sich aber größere wirtschaftliche und soziale Belastungen aus zunehmend teuren, sich in die Länge ziehenden Kriegen, die sich – wie im Fall Vietnam – letztendlich als entscheidend erweisen.

Die Kriege der Vereinigten Staaten von Amerika seit 1950 richteten sich gegen dezentralisierte Feinde in Situationen, in denen die Fronten nicht klar definiert waren wie in herkömmlichen Kriegen. Wenn sie mit hoher Feuerkraft konfrontiert werden wie in Korea, Vietnam, Afghanistan und auch Irak, zerstreuen sich die Gegner Amerikas – sie kämpfen aus Höhlen, im Schutz von Dschungelpflanzen usw., indem sie billige, relativ primitive militärische Technologie gegen die hochentwickelten Geschütze, Panzer, Helikopter und Luftstreitkräfte der Vereinigten Staaten von Amerika einsetzen. Letzten Endes sind es Geduld und Erfindungsreichtum der Gegner, sowie die Bereitschaft, Opfer zu bringen und den Erfolg darin zu sehen, den Krieg, und nicht Schlachten zu gewinnen. Die Feinde der Vereinigten Staaten von Amerika lassen sich nicht auf deren Formen der Kriegsführung ein und bieten ihnen keine Ziele. Der Krieg in Vietnam zog sich sehr lange hin und war sehr teuer, und auch die Kriege in Irak und Afghanistan dauern bereits sehr lange – und werden zunehmend zur politischen Belastung für die Partei, die in Washington an der Macht ist. Das hat wiederholt die Grenzen amerikanischer Macht aufgezeigt, und der Koreakrieg bildete den ersten Präzedenzfall. 

Als der Koreakrieg endete, schworen die Führer der Vereinigten Staaten von Amerika, nie wieder einen Landkrieg in Asien zu führen. Der Koreakrieg wurde bis zu einem Unentschieden gekämpft, was grundsätzlich eine Niederlage war für die Absichten der Vereinigten Staaten von Amerika, das Land wieder zu vereinigen. In Vietnam stellte sich erneut heraus, dass die Vereinigten Staaten von Amerika keinen Landkrieg gewinnen konnten – und dort völlig scheiterten, zumindest militärisch betrachtet. Ihr letztlicher Erfolg beruhte auf der Uneinigkeit der vietnamesischen Kommunisten, nicht auf dem Erfolg des Regimes in Saigon oder der amerikanischen Waffen. Die Vereinigten Staaten von Amerika waren immer militärisch verwundbar, gerade weil ihre Feinde in erster Linie arm und daher gezwungen waren, sich bis an die Grenzen ihrer Möglichkeiten und Kräfte an die Situation anzupassen.

Nach ihrer Niederlage in Vietnam 1975 beschlossen die Führer der Vereinigten Staaten von Amerika einmal mehr, nie wieder einen Landkrieg ohne massive militärische Macht von Beginn eines Konflikts an und ohne die Unterstützung der Menschen in Amerika zu führen – die während des Vietnamkrieges Schritt für Schritt nachließ. Die Weinberger-Doktrin 1984 hielt diesen Grundsatz fest. Die Vereinigten Staaten von Amerika haben Kriege gegen kleine, relativ schwache Feinde gewonnen, wie in Nicaragua, aber sie machten in Irak und Afghanistan volle Länge wieder die gleichen Fehler wie in den Kriegen in Korea und Vietnam. Sie möchten noch immer die „unersetzliche Macht“ sein, wie die ehemalige Außenministerin Madeleine Albright es ausdrückte, aber sie können die Siege nicht erreichen, die sie begehren. Wie eine betrunkene Person haben sie keine Kontrolle mehr über sich oder ihre Umgebung und können nicht ihre Handlungen mit ihren Vorstellungen in Einklang bringen. Sie sind daher eine Gefahr für sich selbst und für die Welt.  

 
     
  Erschienen am 5. Mai 2010 auf > http://www.antiwar.com > http://original.antiwar.com/gabriel-kolko/2010/05/04/35-years-since-the-fall-of-saigon/   
     
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