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  Krieg macht uns arm

Weit davon entfernt, die Wirtschaft aus Rezession oder Depression zu retten, ziehen unnötige Konflikte Kapital von produktivem Nutzen ab

David R. Henderson

Viele Menschen, die sich nicht wohl dabei fühlen, wenn die Vereinigten Staaten von Amerika in andere Länder einmarschieren, beschwichtigen sich mit dem Glauben, dass Krieg zumindest Arbeitsplätze für Amerikaner schafft. Aber sind militärische Konflikte wirklich gut für die Wirtschaft des Landes, das sich darin engagiert? Die Grundsätze der Ökonomie geben darauf die eindeutige Antwort „Nein.“

In einer Rede im Jahr 1953 bemerkte Präsident Dwight Eisenhower: „Die Kosten für einen modernen schweren Bomber entsprechen den für moderne gemauerte Schulgebäude in mehr als 30 Städten. Sie entsprechen denen für zwei feine, voll ausgestattete Krankenhäuser. Sie entsprechen denen für rund 50 Meilen betonierter Autobahn. Wir zahlen für ein einziges Kampfflugzeug den Wert einer halben Million Bushel Weizen. Wir bezahlen für einen einzigen Zerstörer mit neuen Häusern, in denen über 8.000 Menschen wohnen könnten.“ Sein Punkt war ganz einfach: Geld, das nicht für das Militär ausgegeben wird, kann für andere Zwecke ausgegeben werden.

Das trifft auch für die menschlichen Ressourcen zu. Die über 200.000 Militärbediensteten der Vereinigten Staaten von Amerika in Irak und Afghanistan könnten zuhause etwas nützliches tun.

Warum ist das schwer zu verstehen? Den ersten Grund führte der französische Wirtschaftsjournalist im 19. Jahrhundert Frederic Bastiat in seinem Aufsatz „Was gesehen wird und was nicht gesehen wird“ an. Jeder kann sehen, dass Soldaten beschäftigt sind. Aber wir können die Aufgaben und die anderen kreativen Tätigkeiten nicht sehen, mit denen sie beschäftigt sein könnten, wenn sie nicht beim Militär wären.

Der zweite Grund liegt darin, dass es in harten wirtschaftlichen Zeiten und bei hoher Arbeitslosigkeit leicht ist anzunehmen, dass es keine anderen Arbeitsplätze geben könnte. Aber es kann sie geben. Ein entsprechendes Argument lieferte Bastiat, als er die Demobilisierung der französischen Soldaten nach dem Sturz Napoleons diskutierte. Er wies darauf hin, dass die Regierung, wenn sie die Größe des Militärs reduziert, nicht nur die Arbeitskräfte freisetzt, sondern auch Geld. Das Geld, das verwendet worden wäre, um die Soldaten zu bezahlen, kann statt dessen verwendet werden, um diese als zivile Arbeiter anzustellen. Das kann auf dreifache Weise erfolgen, entweder einzeln oder kombiniert: (1) eine Steuersenkung; (2) eine Senkung des Defizits; oder (3) eine Anhebung von anderen Ausgaben der Regierung.

Wenn Steuern gesenkt werden, bleibt mehr Geld in den Händen der Steuerzahler, die es für die Beschäftigung der Leute verwenden können, die davor Soldaten waren. Wenn die Steuern nicht gesenkt werden, aber das Defizit, braucht die Regierung nicht so viel zu borgen. Das Geld, das die Regierung geborgt hätte, steht jetzt zur Verfügung, um diese ehemaligen Soldaten anzustellen. Schlussendlich, wenn weder Steuern noch Defizit herabgesetzt werden, hat die Regierung mehr Geld, um diese ehemaligen Soldaten für zivile Zwecke anzustellen.

Natürlich werden diejenigen, die dieses Geld bekommen, dieses nicht zwangsläufig für das ausgeben wollen, was diese ehemaligen Soldaten produzieren. Eine komplexe Kette von Austauschen wird allerdings dazu führen, dass die ehemaligen Soldaten Schritt für Schritt wieder beschäftigt werden. Man denke etwa an die Erfahrungen der Vereinigten Staaten von Amerika nach dem Zweiten Weltkrieg. Zwischen Kriegsende 1945 und 1947, als es zu größerer Demobilisierung kam, sank der Stand des Militärs von rund 11,4 Millionen auf etwa 1,6 Millionen Mann, eine Reduktion um 9,8 Millionen Menschen. Die Anzahl der Arbeitslosen stieg jedoch nur um eine Million, etwa 10% der Demobilisierten. Viele Frauen, die Arbeitsplätze während des Krieges angenommen hatten, um die eingezogenen Männer zu ersetzen, entschieden sich für die Rückkehr in den Haushalt. Die Zahl der beschäftigten Frauen sank jedoch nur um 2,4 Millionen. Nicht zu vergessen ist, dass vor der Demobilisierung das Militär  gewaltige 17% der Arbeitskräfte der Vereinigten Staaten von Amerika in seinem Dienst hatte. Heute beschäftigt es weniger als ein Prozent, wenn wir die aktiven Soldaten rechnen, und weniger als zwei Prozent, wenn wir die Aktiven und die Reservisten nehmen. Dieser kleinere Prozentanteil macht es umso leichter, abgerüstete Soldaten heute in die zivile Wirtschaft zu integrieren.

Die meisten Menschen glauben noch immer, dass der Zweite Weltkrieg die Große Depression beendet hat. Oberflächlich betrachtet macht das Sinn. 1941 – überwiegend noch Friedenszeit, da der Kongress erst am 8. Dezember den Krieg erklärte – betrug die Arbeitslosenquote satte 9,9 %. Im Jahr 1944, in dem die Militärausgaben am höchsten waren, lag sie bei mickrigen 1,2 %.

Man muss aber tiefer blicken. Die Regierung führte 1940 die Wehrpflicht ein und brachte die Einberufungsmaschinerie Anfang 1942 in Gang. Zwischen 1940 und 1944 stieg die Größe des Militärs um fast 11 Millionen Menschen. Von den 16 Millionen, die für einige Zeit während des Zweiten Weltkriegs in Uniform standen, waren 10 Millionen eingezogen. Sie hatten „Jobs“, da die Alternative Gefängnis gewesen wäre. Und viele von denen, die freiwilig dienten, waren wie die Militärökonomen sagen „zwangsfreiwillig.“

Wenn wir sagen, dass eine Wirtschaft besser läuft als davor, sagen wir, dass es den Menschen besser geht. Können wir behaupten, dass es diesen Arbeitskräften beim Militär besser geht? Nein. Die einzige Möglichkeit, um zu beurteilen, ob es jemandem besser geht, wenn er eine Arbeit hat als wenn er arbeitslos ist, ist zu wissen, dass er diese Arbeit gewählt hat. Einberufung ist jedoch das Gegenteil von freier Wahl. 

Um das alles auf die Reihe zu bringen – die zivile arbeitende Bevölkerung während des Zweiten Weltkriegs betrug rund 54 bis 56 Millionen. Es ist nicht schwer, Arbeitslosigkeit um 5 Millionen Menschen zu reduzieren, wenn man die Wehrpflicht benutzt, um die Größe der Streitkräfte um nahezu 11 Millionen zu erhöhen.

Nehmen wir als nächstes das BruttoNationalProdukt BNP (die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika ging erst in den frühen 1990er Jahre dazu über, das BruttoInlandsProdukt BIP zu berechnen). Zwischen 1941 und 1944 stieg das reale BNP um 40 %. Das BNP im Krieg ist jedoch nicht das Gleiche wie das BNP in Friedenszeiten. Das BNP wird definiert durch die Ausgaben für Konsumgüter, plus Investitionen, plus Regierungsausgaben für Güter und Dienstleistungen. Im Fiskaljahr 1945 gab die Regierung 38 % des BNP nur für den Krieg aus. Das BNP stieg an – aber der Anstieg täuscht.

Der Anteil der Regierungsausgaben am BNP ging in Gewehre, Lastautos, Flugzeuge, Panzer, Treibstoff, Schiffe, Uniformen, Fallschirme, und Arbeitskraft. Was haben diese Dinge gemeinsam? Nahezu alle von ihnen wurden zerstört. Nicht nur diese Güter, sondern auch die Milliarden von Arbeitsstunden des Militärs wurden aufgewendet, ohne einen Wert für Verbraucher zu schaffen. Viel von dem Kapital und von der Arbeitskraft, die benutzt wurden, um hunderttausende Lastautos und Jeeps und zehntausende Panzer und Flugzeuge herzustellen, hätten sonst Autos und Lastkraftwagen für die heimische Wirtschaft hergestellt. Die Fließbänder in Detroit, die 1941 3,6 Millionen Autos produziert hatten, wurden umgestellt, um Kriegsfahrzeuge zu produzieren. Von Ende 1942 bis 1945 war die Produktion ziviler Fahrzeuge praktisch eingestellt.

Und das ist nur ein Beispiel. Frauen gingen ohne Nylonstrümpfe, damit die Fabriken Fallschirme produzieren konnten. Für die Zivilisten wurde Treibstoff rationiert, damit die Bomber der Vereinigten Staaten von Amerika über Deutschland fliegen konnten. Menschen bekamen kein Fleisch, damit die Soldaten der Vereinigten Staaten von Amerika verpflegt werden konnten. Und so weiter.

Diese Ressourcen halfen, den Krieg zu gewinnen – keine Kleinigkeit. Der Krieg war aber kein Anregungsprogramm, weder in seinen Zielen noch in seinen Ergebnissen, und er war nicht nötig, um die Vereinigten Staaten von Amerika aus der Großen Depression herauszuziehen. Hätte der Zweite Weltkrieg nicht stattgefunden, wären Millionen von Autos produziert worden; die Menschen wären in der Lage gewesen, viel weitere Reisen zu unternehmen; und es hätte keine Rationierungen gegeben. Kurz gesagt, nach dem Standard gemessen wäre es den Amerikanern viel besser gegangen. 

Heute ist die große Mehrheit von uns reicher als sogar die reichsten Leute damals. Aber ungeachtet dieser Prosperität hat sich eines nicht geändert: Krieg ist schlecht für unsere Wirtschaft. Die $ 150 Milliarden, die die Regierung im Jahr für die Kriege in Irak und Afghanistan (und zunehmend Pakistan) ausgibt, könnten statt dessen benutzt werden, um Steuern zu senken oder das Defizit zu reduzieren. Durch die Beendigung der laufenden Kriege in Asien würde die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika nicht nur eine Außenpolitik einschlagen, die der Realität eher gerecht wird, sondern auch eine besser prosperierende Wirtschaft entwickeln.

Der Krieg führt auch zu langfristigen finanziellen Belastungen, denen bei der Entscheidung, einen Konflikt zu beginnen, selten Rechnung getragen wird: die Kosten eines permanent aufgeblähten Regierungsapparats. Wie der Wirtschaftswissenschaftler Robert Higgs in 'Crisis and Leviathan' bemerkt, schädigt der Krieg Wirtschaften dadurch, dass er Regierungen Möglichkeit und Vorwände liefert, neue Macht an sich zu reißen. Diese Macht geht zwar nach Kriegsende zurück, fällt aber nicht zurück auf das vorhergehende Ausmaß. Während des Zweiten Weltkriegs wurde beispielsweise die Einkommenssteuer, die davor nur Leute mit hohem Einkommen betroffen hatte, auch auf die mit niedrigen Einkommen ausgedehnt. Die Bundesregierung führte auch die Einbehaltung ein, um die Einhebung der Steuern zu erleichtern. Nach dem Krieg blieb die Einkommenssteuer „normal“ für den Normalverbraucher, ebenso die Einbehaltung. Nachdem die Kassen gefüllt waren, fand die Regierung andere Dinge, für die sie das Geld der Bürger ausgab, darunter Atomwaffen, NATO und Wohlfahrt. Dadurch wurde das wirtschaftliche Wohlergehen reduziert, denn ein Dollar, den die Regierung ausgibt, produziert typischerweise viel weniger Wert als ein Dollar, den die Person ausgibt, die ihn verdient hat – Washington gibt unser Geld viel weniger sorgfältig aus als wir das tun.  

Welche Gründe es auch immer für den Krieg geben mag, die Stärkung der Wirtschaft ist niemals einer davon.

 
     
  erschienen am 23. Juni 2010 auf The American Conservative > http://www.amconmag.com/blog/war-makes-us-poor/  
     
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