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  Das Lied können sie nicht einsperren

Eric Margolis

George Orwell schrieb: „Wenn Freiheit überhaupt etwas bedeutet, dann das Recht, Leuten zu sagen, was sie nicht hören wollen.“

Ein wirklicher Journalist hat die Aufgabe, Fehlverhalten und Propaganda der Regierung aufzudecken, Pharisäer und Lügner zu exponieren, und für die zu sprechen, die keine Stimme haben. Und einen Krieg gegen die zwei schlimmsten Geißeln der Menschheit zu führen: Nationalismus und religiöse Bigotterie. 

Ich fühlte mich immer schon hingezogen zu Freidenkern, Rebellen und Häretikern.

Das ist der Grund, warum mich die Misere des Gefreiten Bradley Manning beschäftigt, der offenbar an Ernest Hemingways Maxime glaubte: „Denke niemals, dass ein Krieg, egal wie notwendig oder gerechtfertigt er sein mag, kein Verbrechen ist.“

Der 22-jährige Geheimdienstanalyst der Armee der Vereinigten Staaten von Amerika gab Anlass für weltweite Aufregung, weil er WikiLeaks geheime militärische Dateien zukommen ließ, die hässliche Tatsachen über den brutalen Konflikt in Afghanistan enthüllten, einschließlich der weit verbreiteten Tötung von Zivilisten.

Hier noch einmal George Orwell: „In Zeiten allgemeiner Täuschung wird das Aussprechen der Wahrheit zu einer revolutionären Tat.“

Manning hatte auch eine geheim gehaltene Videoaufzeichnung weitergegeben, in der gezeigt wird, wie aus einem Helikopter der Armee der Vereinigten Staaten von Amerika zwei Reuters-Journalisten und ein Zivilist abgeknallt werden.

Ein ziviler Hacker eines zwielichtigen „Vertragspartners“, der im Dienst der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika das Internet ausspioniert, lockte Manning in die Falle.

Die Rache folgte auf dem Fuß. Manning wurde in Einzelhaft gesperrt und hat eine lange Zeit im Gefängnis vor sich. Sein Fall erinnert an einen anderen mutigen Whistleblower (= Aufdecker, einer der „die Pfeife bläst“, d.Ü.), den israelischen Techniker Mordechai Vanunu, der Israels großes nukleares Arsenal enthüllte, (vom israelischen Mossad aus London) entführt wurde, 17 Jahre in Einzelhaft absitzen musste, und noch immer ein halber Gefangener ist.

WikiGate hat eine Flut bombastischer Kriegspropaganda seitens der amerikanischen Mainstream (sprich: von der Regierung gelenkten) -Medien hervorgerufen, ihren Mietschreiberlingen und Kanadas Möchtegern-republikanischen Neokonservativen.

Die Ursachen für Mannings Enthüllungen wurden darin gesehen, dass er homosexuell sei, ein Einzelgänger oder verhaltensgestört. Die Sowjets pflegten solche „staatsfeindlichen Elemente“ und Dissidenten in psychiatrische Anstalten zu sperren.

Diejenigen, die daran interessiert sind, dass das Militär der Vereinigten Staaten von Amerika weiterhin in Afghanistan bleibt, versuchten die Aufmerksamkeit von WikiGate abzulenken, indem sie das Leiden eines armen afghanischen Mädchens ausposaunten, dessen Nase von ihren hinterwäldlerischen angeheirateten Verwandten abgeschnitten worden war. Sie wurde zur Pro-Krieg - Martyrerin gemacht. 

Dieses Verbrechen wurde sofort ohne weitere Beweise den Taliban in die Schuhe geschoben und wurde als Grund dafür angegeben, dass die westlichen Mächte weiter ihre Truppen in Afghanistan behalten müssten. Keine Bilder von Afghanen wurden veröffentlicht, die von Bomben der Vereinigten Staaten von Amerika zerfetzt oder verstümmelt worden waren. Von Erdöl und Erdgas war keine Rede.

Laut Berichten ließ die CIA die NATO angesichts des steigenden europäischen Widerstands gegen den Afghanistankrieg wissen, die beste Methode, den Afghanistankrieg der Öffentlichkeit zu verkaufen, sei zu behaupten, es handle sich dabei um einen Kreuzzug zur Verteidigung der Rechte der Frauen.

Dummerweise behandeln die Alliierten der Vereinigten Staaten und der NATO – Tadschiken, Uzbeken und Hazara – ihre Frauen genauso schlecht wie die paschtunischen Taliban.

Als ich in der Armee der Vereinigten Staaten von Amerika diente, wurde uns beigebracht, dass es unsere Pflicht sei, alle Verstöße gegen die Genfer Konvention und Kriegsverbrechen auf dem Dienstweg zu berichten. Darunter fiel das Töten von Zivilisten, Folter, Racheaktionen und Hinrichtungen.

Laut Berichten versuchte Manning, seinen Vorgesetzten gerade derartige Verbrechen zu melden, die von einigen Militärs der Vereinigten Staaten von Amerika und ihren lokalen Helfershelfern und Söldnern begangen worden waren.

Er wurde ignoriert. Wie auch der mutige kanadische Diplomat Richard Colvin, als er Ottawa warnte, dass Gefangene der brutalen afghanischen Geheimpolizei übergeben wurden, um sie zu foltern und umzubringen.

Mannings Motive für die Weitergabe der Informationen sind nicht wichtig. Was zählt ist, dass er der Öffentlichkeit die brutale Natur des Kolonialkriegs in Afghanistan vor Augen führte, und das Drumherum von Lügen, das diesen vor der Untersuchung durch die Öffentlichkeit schützt. Wenn die Amerikaner und Kanadier wirklich die Wahrheit über diesen durch die Gier nach Rohstoffen getriebenen Krieg und seine sorgfältig geheim gehaltenen Kosten kennen würden, würden sie ihn sehr schnell beenden. 

Mir fällt das Lied des großen Harry Belafonte ein: „Du kannst den Vogel einsperren, aber nicht sein Lied!“

 
     
  erschienen am 14. August 2010 auf > ericmargolis.com > Artikel  
     
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