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  Europäische Imperialisten setzen militärische Kräfte ein für Evakuierungen aus Libyen 

Die Vereinigten Staaten von Amerika verhängen Sanktionen, die Erdölkonzerne sabbern schon bei der Aussicht auf einen „Regimewechsel“

Deirdre Griswold

Während die Kämpfe zwischen Regierungskräften und einer Opposition anhalten, die in zunehmendem Ausmaß militärische Angriffe unternimmt und viele der erdölproduzierenden Regionen Libyens unter ihre Kontrolle gebracht hat, verlassen zehntausende ausländischer Staatsbürger das Land.

Die große Mehrheit bilden Arbeiter, die das Land per Schiff verlassen haben – Fährschiff, Handelsschiff und Charterflugzeuge. Weitere Tausende benutzten den Landweg.

Die NATO-Länder – besonders das Vereinigte Königreich, Deutschland, Spanien und Italien – haben ihrerseits Kriegsschiffe und Kampfflugzeuge nach Libyen geschickt, angeblich um ein paar hundert ihrer Staatsbürger zu retten. Die am ehesten der Realität entsprechende Übersicht über die Evakuierungen wird von Reuters geliefert.

China hat bereits über 20.000 seiner Staatsbürger evakuiert, die Türkei über 7.000. Diese zehntausende Arbeiter reisten aus mit Schiffen, Flugzeugen und auf dem Landweg.

Die Regierung der Philippinen plant, Flugzeuge zu chartern, um rund die Hälfte der 26.000 Filipinos auszufliegen, die im Gesundheitsbereich und in der Erdölindustrie Libyens arbeiten.

Deutschland hingegen schickte drei Kriegsschiffe und 600 Soldaten, um ein paar hundert seiner Staatbürger zu evakuieren. Es schickte auch zwei militärische Transportflugzeuge in ein Erdölgebiet in der Wüste, um 132 deutsche und andere europäische Bürger auszufliegen.

Das Vereinigte Königreich schickte das Kriegsschiff Ihrer Majestät HMS Cumberland und den Zerstörer HMS York für den selben Zweck. Sie schickte auch ein Flugzeug der Königlichen Luftwaffe, das Tripoli mit 65 Passagieren verließ, während die Regierung Ihrer Majestät eine Sitzung ihres Cobra-Kabinetts abhielt und bekannt gab, dass eine Entsendung ihrer Spezialkräfte nicht ausgeschlossen sei.

Frankreich schickte eine Schwadron Militärtransporter, die direkt bei den Erdölfeldern südlich von Bengazi landeten und ihre Leute an Bord nahmen. Auch Spanien benutzte ein Militärflugzeug, um 124 Menschen aus Tripoli zu evakuieren.

Das Vereinigte Königreich, Frankreich, Deutschland und Spanien – die vier Länder, die ihr Militär mobilisierten – sind alle Mitglieder der NATO.

Die Vereinigten Staaten von Amerika, die Anführer der NATO, haben militärische Gewalt gegen Libyen nicht ausgeschlossen. Am 25. Februar gab das Weiße Haus bekannt, dass es einseitig Sanktionen gegen Libyen verhängen würde, darunter das Einfrieren von Milliarden von Dollars der libyschen Regierung. Am nächsten Tag verhängte auch der UN–Sicherheitsrat Sanktionen. Diese werden die Menschen in Libyen genauso treffen wie die Regierung unter Muammar Gaddafi.

All das steht in starkem Kontrast zu der Reaktion der imperialistischen Regierungen auf die Massenrebellionen, die anderswo in Nordafrika und im Mittleren Osten stattgefunden haben. 

Besonders die Vereinigten Staaten von Amerika haben Lippenbekenntnisse zugunsten der unbewaffneten Demonstranten abgelegt und einen „Übergang zur Demokratie” gefordert, der die herrschenden Klassen und ihre staatlichen Strukturen in ihren Positionen belassen würde.

Mit Libyen hingegen läuft es anders. Die Vereinigten Staaten von Amerika und die anderen Imperialisten begrüßen den bewaffneten Aufstand und sagen den Sturz der Regierung voraus. Die oppositionelle Gruppe, die die größte Aufmerksamkeit der Massenmedien bekommt, sind die Sprecher der National Front for the Salvation of Libya (Nationale Front für die Rettung Libyens), eine Gruppe mit einer 31-jährigen Geschichte der Zusammenarbeit mit der CIA der Vereinigten Staaten von Amerika, die schon früher militärische Attacken und Mordattentate gegen Gaddafi unternommen hat.  

Harte, kalte wirtschaftliche Fakten zeigen, warum die herrschende Klasse der Vereinigten Staaten von Amerika den Sturz Gaddafis haben will, und das hat nichts mit Demokratie zu tun.

Neuere Forschungen haben ergeben, dass Libyen über die größten bekannten Erdölreserven auf dem afrikanischen Kontinent verfügt – 47 Millionen Barrels laut dem CIA World Factbook. Das sind die neuntgrößten Bestände weltweit und die größte Versorgungsquelle, die in der Nähe der europäischen Märkte liegt. Zur Zeit ist Libyen allerdings nur der drittgrößte Erdölproduzent Afrikas hinter Nigeria und Angola. Mit dem Preis für Rohöl um $100 pro Barrel heißt das, dass die kleine Bevölkerung Libyens von 6 Millionen Einwohnern auf dem Lösegeld eines potentiellen Königs sitzt.

Gaddafi hatte das Erdöl verstaatlicht, das damals weitgehend in britischen Händen war, nachdem er 1969 einen militärischen Staatstreich angeführt hatte, der eine pro-britische Monarchie verjagte. Unter ihm durchgeführte Sozialprogramme, unter anderem die Subventionierung notwendiger Güter aus Erdölerlösen ließen den Lebensstandard der Menschen schnell ansteigen. In den letzten Jahren machte Gaddafi jedoch den Imperialisten viele Zugeständnisse. Nach enormen Drohungen und Druck stimmte er 2003 „Strukturanpassungs“-Maßnahmen des IMF (Weltwährungsfonds) zu, die den meisten Subventionen den Garaus machten und auch die europäischen Erdölkonzerne ins Land ließen. Das verärgerte eindeutig viele Libyer. 

Den Erdölkonzernen der Vereinigten Staaten von Amerika hat Gaddafi Libyen allerdings nicht geöffnet - diese sabbern schon jetzt angesichts der riesigen Profite, die ihnen ein „Regimewechsel“ bescheren könnte.

 
     
  erschienen am 27. Februar 2011 auf > WORKERS WORLD > Artikel  
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