HOME     INHALT     INFO     LINKS     ARCHIV     KONTAKT
 
     
     
  Militarismus propagieren, Blutvergießen verheimlichen 

David Sirota

In einer aufgeregt präsentierten Geschichte, irgendwie als besondere Enthüllung aufgemacht, berichtete die New York Times vor kurzem, dass das Pentagon – oh Schreck – alle Möglichkeiten der Medien nutzt, um sich selbst den Kindern der Nation zu vermarkten. Obwohl die New York Times das als brandaktuelle Entwicklung hinstellt, kann davon keine Rede sein. Die bewaffneten Kräfte haben die letzten drei Jahrzehnte hindurch sorgfältig einen kinderorientierten Militär/Unterhaltungskomplex aufgebaut, in dessen Rahmen das Pentagon schon lange alles von Videospielen bis zu Filmen finanziert hat – von denen die meisten den Militarismus für Kinder glorifizieren.  

Nichtsdestotrotz enthielt der Artikel in der New York Times (wenn auch versteckt) eine wichtige Neuigkeit. Diese betrifft eine subtile, jedoch heimtückische Verschiebung in der Kriegspropaganda – eine, die das Militär dem Vorwurf der ausgesprochenen Scheinheiligkeit aussetzt. 

Sie erinnern sich vielleicht, dass in den letzten Jahren der Militär/Unterhaltungskomplex den Kindern die Vorstellung verklickert hat, dass der Dienst beim Militär ein ruhmreiches Spaßabenteuer ist. In einem berühmten Werbespot etwa stellte die Marine es so hin, dass Soldat sein das Gleiche ist wie ein „Herr der Ringe“-Held zu sein, der Feuermonster umnietet. In einer anderen Serie von Werbespots, die in Kinos im Vorprogramm von Filmvorführungen gespielt wurde, stellte die Luftwaffe gefährliche Fronteinsätze hin als aufregende Videospiele, mit der Botschaft für die Kinder: „Das ist keine Science Fiction – das ist das, was wir jeden Tag machen.“ 

So betrügerisch diese Werbespots waren, sie ließen zumindest die (nicht erwähnte) Möglichkeit offen, dass Militärdienst gefährlich sein kann und dass zum Militär zu gehen keine übernatürlichen Superkräfte verleiht. Das kann allerdings von der neuen Werbekampagne nicht gesagt werden, über die im Artikel der New York Times berichtet wird – eine Werbekampagne, die sowohl bildlich als auch buchstäblich suggeriert, dass zum Militär zu gehen einem Superkräfte verleiht.

Ja, in Verbindung mit dem neuen Blockbusterfilm „X-Men: First Class” stellt die neue Werbung der Armee Bilder der fiktiven Mutanten-Superhelden Bildern von realen Soldaten der Vereinigten Staaten von Amerika gegenüber und legt den Zusehern nahe, „es zu versuchen“ – als ob das Tragen der Uniform „einfachen Leuten“ die Fähigkeit verleiht, mit einer Hand Magneto fertigzumachen.

Offensichtlich versuchen die Werbespots die einfache Wahrheit zu verbergen, dass Soldat zu sein sehr gefährlich ist – eine Wahrheit, die untermauert wird von den zehntausenden amerikanischen Soldaten, die in unserem unbefristeten Kriegszustand (oder „anhaltenden Konflikt“ im Neusprech des Pentagon) getötet und verwundet worden sind. Während allerdings vom Pentagon nicht erwartet werden kann, dass es aktiv die Gefahren des Militärdienstes herausstreicht, sind die neuen Werbeaktionen besonders betrügerisch, da sie von einem militärischen Establishment kommen, das aktiv diese Gefahren vor der Öffentlichkeit verbirgt.  

Erinnern Sie sich, es ist nur zwei Jahre her, dass Verteidigungsminister Robert Gates außergewöhnliche Maßnahmen setzte beim Versuch zu verhindern, dass Nachrichtenagenturen das Foto einer Journalistin veröffentlichten, das den Tod eines amerikanischen Soldaten auf einem Schlachtfeld in Afghanistan zeigte. Gleichermaßen verbot die Bushregierung Journalisten das Fotografieren fahnenbelegter Särge, die aus Irak zurückkamen – obwohl die Särge unmarkiert waren und die Identität der toten Soldaten dadurch geschützt war. 

Wie die BBC zeigte, hat die Einrichtung der „eingebetteten Reporter,“ durch die das Pentagon die Kriegsberichterstattung steuert, zu einer außerordentlich geschönten Berichterstattung geführt, die die Gewalt auf dem Schlachtfeld und das Blutvergießen vernebelt. 

Nebeneinander gestellt, können wir den offenkundigen Widerspruch erkennen. Ein Teil des Pentagons setzt jedes zugängliche Medieninstrument ein – Twitter, Facebook, Werbespots im TV, Filme etc. – um Amerika zu verkünden, dass dem Militär beizutreten den Soldaten Superkräfte bis zur Unsterblichkeit verleiht, die sie den Kampf sicher überstehen lassen. Gleichzeitig versucht das gleiche Pentagon, die Medien davon abzuhalten, die blutgetränkte Wirklichkeit des Krieges zu dokumentieren.

Das mag dem Pentagon helfen, kurzfristig die Zahl der angeworbenen Rekruten zu steigern, aber es führt die Soldaten hinters Licht, denen ein Erlebnis versprochen, ein anderes jedoch geboten wird.

 
     
  erschienen am 17. Juni 2011 auf > truthdig > Artikel  
  > David Sirotas Website  
  Die Weiterverbreitung der Texte auf dieser Website ist durchaus erwünscht. In diesem Fall bitte die Angabe der Webadresse www.antikrieg.com nicht zu vergessen!  
  <<< Inhalt