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Einige tiefer gehende Gedanken zum Krieg 

Debbie Harbeson

Ich zögerte, ehe ich den Kommentar in der vergangenen Woche ablieferte, in dem es darum ging, ob Medaillen und Gedächtnisfeiern möglicherweise die kritische Auseinandersetzung mit dem Thema Krieg unterdrücken. Ich wusste, dass sich wahrscheinlich einige Menschen darüber aufregen würden, und so war es auch.  

Dennoch bin ich froh, dass ich nicht nachgegeben habe, denn ich bekam einen sehr interessanten Brief von Herrn Sanford „Sandy” Kelson, der sich nicht aufgeregt hat.

Herr Kelson wurde 1944 geboren und trat der Armee der Vereinigten Staaten von Amerika 1963 bei. Er erklärt, warum:

„Als ich aufwuchs, bewirkte meine Erziehung, dass ich an bestimmte Dinge glaubte. Erziehung ist nicht nur das, was man in der Schule lernt. Sie umfasst das, was du zuhause lernst, aus dem TV, aus Zeitungen, Filmen, von Musik, Kunst etc. Aus allen diesen Quellen floss stets die gleiche Botschaft. Wir waren besser als andere. Unsere Form der Regierung war die beste; unser Wirtschaftssystem war das beste; unsere Führer waren intelligenter und gerechter; wir waren ehrlicher, klüger, glaubwürdiger und tapferer. Gott war auf unserer Seite ...

„Also meldete ich mich 1963, jung und patriotisch wie ich war, freiwillig zur Armee der Vereinigten Staaten von Amerika für die Dauer von drei Jahren …”

Er wurde Sergeant und leitete einen 10-Mann starken Maschinengewehr-Trupp, und obwohl die Gruppe schließlich nach Vietnam ging, ging Kelson selbst nicht. Er fuhr fort: 

„Kurz bevor meine Gruppe abtransportiert werden sollte, rief mich mein vorgesetzter Offizier, ein Captain, in sein Büro. Er erklärte mir, dass ich nicht nach Vietnam gehen werde, weil ich weniger als 90 Tage von meiner dreijährigen Dienstzeit offen hatte. Meine Befehle wurden geändert von Einsatz in Vietnam auf Entlassung aus der Armee und Rücktransport zurück nachhause nach Pittsburgh, Pennsylvania, in die Sicherheit, zu meiner Familie, während meine Gruppe, meine Freunde, nach Vietnam gehen würden, ins Unheil. Ich war so naiv und dumm, dass ich keine Ahnung hatte, was das für mich später bedeuten würde.“

„Nachdem ich nachhause gekommen war, bekam ich die ersten Briefe von meinen Freunden, die in Vietnam waren. Die Briefe berichteten von einem Horror nach dem anderen.“

Er schrieb mir Geschichten über einige Männer aus seiner Gruppe, die getötet oder für immer verstümmelt wurden. Die Geschichten in seinem email sind extrem blutig und widerlich. Ich bin jedoch froh, dass er sie geschickt hat; wir sollten nämlich alle die blutigen und widerlichen Elemente des Krieges kennen lernen.

Er zitierte dann aus einem weiteren Brief:

„Ein Freund schrieb mir und sagte: Sandy, jeder hier hasst uns. Ich wunderte mich, wie konnte jemand von ihnen uns hassen? Meine Freunde starben, um sie vor dem Kommunismus zu beschützen, vor dem Norden. Wir gaben Milliarden Dollars in Vietnam aus. Wie konnten sie uns nur hassen? Wir waren doch die Guten, wir trugen doch die weißen Westen. Ich war verwirrt. Das passte nicht zusammen. Ich begann, kritisch darüber nachzudenken – möglicherweise das erste Mal in meinem Leben. Bis dahin hatte ich vertrauensselig geglaubt, was ich von meiner Regierung gesagt bekam. Vertrauen ist der Glaube an etwas, wofür es keinen Beweis gibt. Ich fing an, in die Bücherei zu gehen und alles über Vietnam zu lesen, was ich konnte ...“ 

„Ich habe zu Studenten gesprochen, um ihnen meine Geschichte zu erzählen. Ich fordere die Studenten auf, dass sie das, was ich sage, nicht für die Wahrheit nehmen sollen. Wenn sie das täten, dann hätte ich ihnen das angetan, was andere mir in meiner Jugend angetan haben ... Ich fordere Sie auf, nichts zu akzeptieren, was Ihnen jemand als Wahrheit sagt. Nicht von Ihren Eltern, nicht von Ihren Lehrern, nicht von Ihren religiösen Führern. Sie müssen untersuchen, durch Lesen, Diskutieren und kritisches Denken Ihre eigene Wahrheit herausfinden, und dann nach dieser handeln zum Vorteil für alle Menschen dieser Welt, unsere Brüder und Schwestern.“ 

Viel, viel mehr noch steht in Herrn Kelsons email. Falls Sie denken, dass es Zeit ist, sich mit einem tiefer gehenden, kritischeren Blick mit dem Krieg zu beschäftigen, lassen Sie es mich wissen, und ich werde Ihnen gerne seinen Brief zukommen lassen.

 
     
  erschienen am 18. August 2011 auf > NEWS and TRIBUNE > Artikel  
   
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