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  Weniger Freiheit unter Obama und Romney

Jacob G. Hornberger 

 

Es ist wirklich eine Schande, dass Mitt Romney und Barack Obama die gleiche Auffassung haben in der Frage der bürgerlichen Freiheiten, des Krieges gegen den Terrorismus und der Außenpolitik. Die großen Verlierer angesichts dieser von beiden Parteien getragenen Auffassung sind die Menschen Amerikas, die weiterhin schwerwiegende Übergriffe auf ihre Freiheit erleben werden.

Nehmen wir die Macht des Präsidenten, Menschen einschließlich Amerikanern umzubringen, eine Macht, die per Militär und CIA ausgeübt wird. Sicher, wir wissen alle, dass die CIA vor dem 9/11 Menschen ermordet hat. Aber immerhin waren Morde der CIA vor 9/11 verpönt oder wurden sogar verurteilt. Heute ist Mord offizielle Politik. Bedenken Sie: wir leben jetzt in einem Land – nach 9/11 – in dem der nationale Sicherheitsstaat (Militär und CIA) über die offizielle Allmacht verfügt, jeden Amerikaner oder jeden anderen auf der Welt umzubringen, ohne dafür zur Verantwortung gezogen zu werden.

Ja sicher, der Präsident, das Pentagon und die CIA werden sagen: „Nein, das stimmt nicht. Unsere Macht, Amerikaner umzubringen, ist keine Allmacht. Die Menschen, die wir aussuchen, um sie zu töten, müssen Terroristen sein. Wenn sie keine Terroristen sind, dann haben wir nicht die Macht, sie zu töten.“

Aber wer bestimmt, wer ein Terrorist ist? Das tut der nationale Sicherheitsstaat. Der allein bestimmt das. Der Präsident, die Generäle und die CIA-Beamten werden den Kongress nicht dabei mitreden lassen, wen sie umbringen lassen wollen, denn das wäre ihrer Ansicht nicht vereinbar mit den Kriegsvollmachten des Präsidenten. Darüber hinaus macht die Justiz, was sie immer macht – sich der Beurteilung von Angelegenheiten durch Militär und CIA als Fragen der „nationalen Sicherheit“ zu beugen. 

Das beste Beispiel dafür ist die Ermordung von Anwar al-Awlakis Sohn im Teenageralter durch den nationalen Sicherheitsstaat. Beim Vater konnten sie sagen: „Wir hatten Beweise dafür, dass er konspirierte, um Akte des Terrorismus gegen die Vereinigten Staaten von Amerika zu verüben.“ Natürlich werden einige argumentieren, dass Verdächtigungen und Beschuldigungen noch nicht ausreichen, dass die Regierung Menschen tötet, auch nicht ihre eigenen Bürger.

Aber dieses Argument gilt nicht für den minderjährigen Sohn, der ebenfalls amerikanischer Staatsbürger war. Sie hatten nichts gegen ihn vorliegen, und doch brachten sie ihn einfach um. Findet eine Untersuchung statt über den Mord an dem Jungen? Hat eine Grand Jury Anklage erhoben? Natürlich nicht, und das zeigt, dass ihre Macht, Amerikaner zu töten, total und umfassend ist. Sie können jetzt jeden, den sie wollen, straflos töten.

Der Präsident übt jetzt also praktisch die außergewöhnliche Macht aus, seine eigenen Bürger zu töten. Das ist außergewöhnlich, weil es eine Macht ist, die die brutalsten Tyrannen und Diktatoren der Geschichte ausgeübt haben. Es ist auch außergewöhnlich, weil die Verfassung eine derartige Macht für den Präsidenten oder den exekutiven Bereich der Regierung nicht vorsieht. Es ist auch außergewöhnlich, weil diese Macht immerwährend ist, geht man davon aus, dass der Krieg gegen den Terrorismus selbst kein Ende hat. Es ist auch außergewähnlich, weil die Charta der Grundrechte ausdrücklich verbietet, dass die Bundesregierung einer Person ohne rechtsstaatliches Verfahren das Leben entzieht. 

Jedenfalls werden wir keinerlei Verurteilung dieser neuen seit 9/11 bestehenden Macht im Wahlkampf um das Präsidentenamt hören. Beide, Obama wie Romney, verteidigen entschieden die umfassende, nicht überprüfbare Macht des Präsidenten, seine eigenen Bürger zu töten, egal wer von den beiden in dieses Amt gewählt wird.

Leider ist das nicht alles.

Wir leben jetzt auch in einem Land, in dem das Militär und die CIA die Befugnis ausüben, amerikanische Bürger einzufangen, sie ins Gefängnis, Konzentrationslager oder Militärkerker unbefristet und ohne Verfahren zu sperren, sie zu foltern und sogar hinzurichten, vielleicht nach einer Art Scheinprozess. Sogar wenn sie Menschen ohne die Aufführung eines Scheinprozesses töten, passiert den Mördern gar nichts, wie wir erfahren haben durch die Immunität gegen Strafverfolgung, die den nicht identifizierten CIA- und Militärbeamten gewährt worden ist, die in ihrer Gewahrsam befindliche Gefangene getötet haben.

Sicher gibt es noch Habeas Corpus. Wie allerdings jeder Gefangene in Guantanamo bestätigen wird, hat sich dieses rechtliche Instrument nutzlos erwiesen als Möglichkeit, die Entlassung aus militärischer Haft oder Haft der CIA während des „Kriegs gegen den Terrorismus“ zu erreichen. Alles, was die Regierung zu tun hat, ist ein paar Angaben zu präsentieren, die darauf hinweisen, dass ein Gefangener ein „Terrorist“ ist, und die Bundesgerichte werden untertänigst vor dem Militär und der CIA tief in die Knie gehen. Trotz Habeas Corpus sitzen noch immer Menschen in Guantanamo, die nach vielen Jahren Freiheitsentzug weder angeklagt noch wegen irgendwelcher Verbrechen verurteilt worden sind.

Es ist unmöglich, die außergewöhnliche Natur dieser Machtbefugnisse zu überbewerten. Zum Vergleich: der von den Vereinigten Staaten von Amerika unterstützte Diktator, der aus seiner Machtposition in Ägypten gestürzt wurde, nämlich Hosni Mubarak, übte die gleichen Machtbefugnisse aus. Denken Sie nur: der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika übt jetzt, dank 9/11, die gleichen Machtbefugnisse aus, die einer der brutalsten Diktatoren der Welt ausgeübt hat, als er an der Macht war.

In der Tat war eine der Hauptforderungen der ägyptischen Demonstranten die Aufhebung dieser Machtbefugnisse. Mubarak wusste allerdings, dass diese Machtbefugnisse eine Voraussetzung bildeten für seine diktatorische Herrschaft. Er weigerte sich nicht nur, sie aufzugeben, er setzte sie gegen Menschen ein, die sich seiner Diktatur widersetzten. Leider hat sich nach seinem Sturz die ägyptische Militärdiktatur geweigert, diese „Notstands“-Befugnisse aufzugeben, nicht anders als die Präsidenten Bush und Obama. 

Denken Sie daran, was das Militär dem amerikanischen Bürger Jose Padilla angetan hat. Sie entzogen ihn der Rechtssprechung eines Bundesgerichts und verschleppten ihn in einen Militärkerker, wo sie ihn brutal folterten. Sie wollten ihn für den Rest seines Lebens ins Gefängnis sperren, ohne ihm jemals Zugang zu einem rechtsstaatlichen Verfahren und eine Verhandlung vor einer Jury zu gestatten.

Warum ist der Fall Padilla wichtig? Weil dank der extremen Unterwürfigkeit der Bundesgerichte gegenüber Militär und CIA der Fall Padilla dazu führte, dass der nationale Sicherheitsstaat jetzt die Macht besitzt, mit jedem Amerikaner das zu tun, was sie Padilla angetan haben. Ich möchte gerne wissen, wieviele Amerikaner sich dessen bewusst sind, dass sie jetzt in so einem Land leben.

Wird das in der Kampagne um das Präsidentenamt verurteilt werden? Natürlich nicht. Schon deshalb nicht, weil beide, Obama wie Romney, damit einverstanden sind.

Wenn eine Regierung die absolute Macht ausübt, ihre eigenen Bürger zu töten und einzusperren, zu foltern und hinzurichten ohne rechtsstaatliches Verfahren und Verhandlung vor einer Jury, kann eine solche Gesellschaft in keiner Weise als freie Gesellschaft angesehen werden. Wenn also die Menschen in Amerika nicht einen Weg finden, die freiheitlichen Prinzipien unseres Landes wiederherzustellen, egal, wer gewählt wird – Obama oder Romney – werden wir weiterhin unter einem Regime leben, das, was die bürgerlichen Freiheiten betrifft, viel mehr einer brutalen Militärdiktatur gleicht als der verfassungsmäßigen Ordnung, unter der unsere Nation begründet worden ist.

 
     
  erschienen am 19. September 2012 auf > THE FUTURE OF FREEDOM FOUNDATION > Artikel  
  Archiv > Artikel von Jacob G. Hornberger auf antikrieg.com  
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