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  Pete Seeger (1919-2014) – Er änderte die Welt Song für Song

John W. Whitehead

 

„Mein Job ist es den Leuten zu zeigen, dass es einen Haufen gute Musik in dieser Welt gibt, und wenn sie richtig benutzt wird, dann kann sie vielleicht helfen, den Planeten zu retten.“ – Pete Seeger

„Die Welt wird gerettet werden von Menschen, die um ihr Zuhause kämpfen. Heimstätten werden gerettet werden von Menschen, die für die Welt kämpfen.“ – Pete Seeger

Pete Seeger, der 94 Jahre alte Aktivist-Sänger-Songwriter, der die Welt mit jeder Note zu ändern versuchte, die er von sich gab, ist gestorben, und wir alle sind um das ärmer geworden.

Als ein langjähriger Freund, dessen Briefe ich schätzte wegen ihrer handgezeichneten Verzierungen, und dessen Worte der Ermutigung mich drängten weiterzukämpfen, gehörte Seeger zu einer aussterbenden Gattung von Amerikanern, die darauf achteten, welche von den ihnen zur Verfügung stehende Ressourcen sie nutzten, anstatt in Annehmlichkeiten zu schwelgen und sich im Glanz ihrer Größe zu sonnen.  

Lange vor den Beatles oder den Rolling Stones, Jimi Hendrix oder Bob Dylan gab es Pete Seeger, einen einsamen Kämpfer gegen das Unrecht, mit wenig mehr als einem fünfsaitigen Banjo in der Hand und der Gabe, aus Wörtern Musik zu machen. Unbestreitbar einer der wichtigsten musikalischen Einflüsse des 20. Jahrhunderts trug Seeger dazu bei, das Fundament für die amerikanische Protestmusik zu legen, indem er über die Mühsal der werktätigen Menschen sang und die Zuhörer zu politischem und sozialem Aktivismus aufforderte. 

Geboren am 3. Mai 1919 in New York City wuchs Seeger, dessen Vater ein pazifistischer Musikwissenschaftler war, von klein auf in die Welt der Musik und Politik. Er studierte bis 1938 Soziologie an der Harvard Universität, brach dann sein Studium ab und verbrachte den Sommer, indem er durch New England und New York radelte und Bilder von Bauernhäusern im Austausch für Lebensmittel malte. Er suchte vergeblich einen Job als Zeitungsreporter in New York City und arbeitete dann im Archiv der amerikanischen Volksmusik an der Kongressbücherei in Washington, D.C. 1940 traf Seeger Woody Guthrie an einem Grapes of Wrath Wohltätigkeitskonzert für eingewanderte Arbeiter. Seeger, Guthrie, Lee Hays und Millard Lampell taten sich zusammen und gründeten die Almanac Singers, die für ihren politischen Radikalismus und ihre Unterstützung des Kommunismus bekannt wurden.

1942 wurde Seeger von der Armee der Vereinigten Staaten von Amerika eingezogen und nach Saipan im westlichen Pazifik geschickt. Nach dem Krieg half er bei der Gründung der Zeitschrift People’s Song Bulletin (später Sing Out!), die Information über Volksmusik mit Sozialkritik verband. 1950 bildete Seeger mit Lee Hays, Ronnie Gilbert und Fred Hellerman die Musikgruppe The Weavers. Wegen der politischen Botschaften hinter einigen ihrer Songs wurde die Gruppe auf die Schwarze Liste gesetzt und aus Fernsehen und Radio verbannt. 

1955 wurde Pete Seeger vom Komitee für unamerikanische Umtriebe vorgeladen (seine Aussage finden Sie hier > http://www.peteseeger.net/HUAC.htm - in englisch). In dem Verhör weigerte sich Seeger, seine politischen Ansichten darzulegen und die Namen seiner politischen Freunde zu verraten. Als er vom Komitee gefragt wurde, für wen er gesungen hätte, antwortete Seeger:

Ich sage freiwillig, dass ich für nahezu jede religiöse Gruppe im Land gesungen habe, von jüdischen und katholischen, presbyterianischen und Holy Rollers bis zu Wiederauferstehungskirchen, und das mache ich freiwillig. Ich habe gesungen für viele, viele verschiedene Gruppen – und es ist für eine Person vielleicht schwer zu begreifen, ich blicke zurück über die zwanzig oder so Jahre, in denen ich in diesen 48 Staaten gesungen habe, in denen ich an so vielen verschiedenen Orten gesungen habe.

Er wurde zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, ging aber erfolgreich in Berufung, nachdem er vier Stunden hinter Gittern verbracht hatte, indem er sich auf das First Amendment (erste Zusatzbestimmung zur Verfassung, Meinungsfreiheit) berief. Nichtsdestotrotz war er den größten Teil seines Lebens auf den Schwarzen Listen und verbannt von normalen Radio- und TV-Auftritten.

In den 1960ern fuhr Seeger im Land herum und spielte weiterhin seine Folksongs für die Friedens- und Bürgerrechtsbewegungen. Tief gekränkt vom Einsatz der Vereinigten Staaten von Amerika in Vietnam führte Pete Seeger gemeinsam mit anderen Folksängern wie Joan Baez viele Demonstrationen an.

„Wo immer er gefragt wurde, wenn die Not am größten war, war er da, wie Kilroy. Und er ist es noch immer,“ sagte sein langjähriger Freund Studs Terkel. „Obwohl seine Stimme nicht mehr die allerbeste ist, macht er einfach weiter. Ob ein Konzertsaal, eine Versammlung in einem Park, eine Straßendemonstration, jeder Ort ist ein Schlachtfeld für Menschenrechte.“ 

1963 nahm Seeger den jetzt berühmten Gospelsong „We Shall Overcome” auf. 1965 sang er ihn auf dem 50 Meilen-Marsch von Selma nach Montgomery, Alabama, gemeinsam mit Martin Luther King Jr. und tausend weiteren Teilnehmern. Dieser Song wurde dann zur Hymne der Bürgerrechtsbewegung und wurde in viele Sprachen übersetzt. Seeger schaute auch auf die Reinigung des Hudson River, der an seinem Haus vorbei floss. 1966 half er bei der Gründung von Clearwater, einer Organisation, die das Ziel hatte, die Öffentlichkeit über Umweltprobleme wie Umweltverschmutzung und Gewässerschutz zu informieren. Die Gruppe bietet Schulungsprogramme für Kinder auf einem nachgebauten traditionellen Hudson-Lastkahn und veranstaltet jährlich im Juni ein zweitätiges Festival am Ufer des Hudson. 

Seeger bekam die Presidential Medal of the Arts (Kunstmedaille des Präsidenten) und den angesehenen Kennedy Center Award im Jahr 1994. 1996 wurde er in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen für seinen Beitrag zur Musik und zur Entwicklung der Rock- und Folkmusik. Im April dieses Jahres bekam er auch die Harvard Kunstmedaille, und 1997, nach jahrzehntelangem Songschaffen einen Grammy Award für sein Album Pete. Im Mai 2009 kam ein breites Spektrum von Musikern, darunter Bruce Springsteen, Dave Matthews, John Mellencamp, Joan Baez, Ani DiFranco, Roger McGuinn von den Byrds, Emmylou Harris und andere im Madison Square Garden zusammen, um Seeger zu ehren und seinen 90. Geburtstag zu feiern. 

Bis zu seinem Ende hörte Seeger nie auf, seine Meinung zu sagen, und er hörte nie auf, die jungen Menschen aufzufordern, ihren Herzen zu folgen und initiativ zu werden: „Es besteht Hoffnung, dass all das Vorhergegangene euch helfen wird, ein paar Sackgassen zu vermeiden (wir alle sind über einige gestolpert), und es gibt genügend Hoffnung, dass eure Träume wahr werden, um euch für den Rest optimistisch zu halten. Wir haben eine große Welt, von der wir lernen müssen, wie wir sie zusammen bringen. Wir alle müssen viel lernen. Und lasst euch eure Studien nicht von eurer Erziehung durcheinander bringen.“  

In einem Interview mit Pete Seeger vor ein paar Jahren fragte ich ihn, ob er eine Antwort auf die Frage „Wann werden sie jemals lernen?” gefunden habe, die er wiederholt in seinem Song „Where have all the flowers gone“ gestellt hatte.

Seegers Antwort ist eine für die Annalen:

Wir werden nie alles wissen. Aber ich denke, dass wir in den nächsten paar Jahrzehnten lernen können, die Gefahr zu erkennen, in der wir uns befinden, ich glaube, dass es zig Millionen, vielleicht hunderte Millionen Menschen sein werden, die, wo immer sie sind, daran arbeiten, um etwas gutes zu tun. Ich erzähle jedem eine kleine Parabel über die „Teelöffel-Brigaden.“ Stell dir eine große Schaukelwippe vor. Ein Ende der Wippe liegt auf dem Boden auf, weil ein großer Korb halbvoll mit Steinen drauf steht. Das andere Ende der Wippe steht in der Luft, weil ein Korb darauf steht, der zu einem Viertel mit Sand gefüllt ist. Einige von uns haben Teelöffel und wir versuchen, ihn aufzufüllen. Die meisten Leute verspotten uns. Sie sagen: „Leute wie ihr haben es tausende Jahre versucht, aber der Sand rieselt so schnell aus diesem Korb, wie ihr ihn hineingebt.“ Unsere Antwort ist, dass wir jeden Tag mehr Menschen mit Teelöffeln werden. Und wir glauben, dass an einem dieser Tage oder Jahre – wer weiß – der Korb mit Sand so voll sein wird, dass du sehen wirst, wie die Schaukel – zack! – sich auf die andere Seite neigt. Dann werden die Leute sagen: „Wie ist das so plötzlich gegangen?“ Und wir antworten: „Das waren wir und unsere Teelöffel tausende Jahre lang.“ 

Aber ich glaube nicht, dass wir es für alle Zeiten haben. Ich glaube jetzt, dass alle technologischen Gesellschaften dazu neigen, sich selbst zu zerstören. Der Grund dafür ist, dass genau die Dinge, die uns zu einer erfolgreichen technologischen Gesellschaft machen, wie unsere Neugier, unsere Begierde und unsere Entschlossenheit dazu führen werden, dass wir fallen.

Ruhe in Frieden, Pete, und keine Sorge. Ich und die anderen von deiner bunt gemischten Teelöffelbrigade werden weiter daran arbeiten, die Welt Teelöffel für Teelöffel zu verändern.

 
     
  erschienen am 28. Januar 2014 auf > THE RUTHERFORD INSTITUTE > Artikel  
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