HOME     INHALT     INFO     LINKS     ARCHIV     KONTAKT
 
     
  "Europa krümmt sich wie der Wurm, ehe ihn der Stiefel zertritt." Karl Kraus  
     
     
  Wahlen in Syrien: Wählt richtig – sonst …

Neil Clark 

 

Das ist eine Parodie der Demokratie. Das wird den politischen Prozess schädigen und die Aussichten auf einen Frieden behindern. So haben Führer des Westens, ihre regionalen Alliierten und auch UNO-Persönlichkeiten die für den 3. Juni anberaumten Präsidentenwahlen in Syrien abgetan.

Obwohl mehrere Kandidaten zur Auswahl stehen, sieht es so aus, als wenn es eine sehr schlimme Sache ist, wenn die Menschen in Syrien Wahlen abhalten, um selbst zu entscheiden, wer der Präsident ihres Landes sein soll. Im Namen der „Demokratie“ sollten in Syrien nur Wahlen stattfinden, nachdem die derzeitige Regierung gewaltsam gestürzt worden ist. „Assad muss gehen,“ sogar wenn leicht sein könnte, dass die Mehrheit der Syrer nicht will, dass er geht. 

Die ablehnende Haltung der Eliten des Westens zu diesen Wahlen sagt uns alles, was wir über ihr Bekenntnis zur „Demokratie“ wissen müssen.

Die Wahrheit ist, dass das Entstehen einer Mehrparteiendemokratie in Syrien, die durch die Verfassung im Jahre 2012 ermöglicht wurde, die das jahrzehntelange Machtmonopol der Ba’ath-Partei beendet hat, das allerletzte ist, was die Vereinigten Staaten von Amerika und ihre Alliierten wollen; sie wissen, dass die Baathisten und Präsident Assad zu viel Unterstützung durch das Volk in dem Land haben. Durch das ständige Wiederholen von „Assad muss gehen“ vor der Abhaltung von neuen Präsidentenwahlen entrechten diese „Demokraten“ effektiv einen großen Teil der syrischen Gesellschaft – die Menschen, die ihre Regierung unterstützen. Das sollte uns nicht überraschen, da diese westlichen „Demokraten“ ohnehin in der Regel versuchen, diejenigen zu entrechten, die die „falschen“ Ansichten haben. 

Für die Regierung eingestellte Syrer sind 2014 in der gleichen Position wie für die Regierung eingestellte Menschen in Belarus und Venezuela. Sie unterstützen die „falsche“ Seite, also zählen ihre Meinungen nicht. In diesen Ländern, und in der Tat in allen Ländern, die eine Regierung haben, die die politischen und finanziellen Eliten des Westens ablehnen, zählen nur die Ansichten der Opposition. Diese sollte die Macht übernehmen und regieren, obwohl, wie zum Beispiel im Fall der vom Westen unterstützten Junta in Kiew, es für jeden objektiven Beobachter klar ist, dass diese keine Unterstützung durch die Mehrheit hat. Und so werden ungeachtet ihrer fehlenden Unterstützung durch die Mehrheit die prowestlichen Gruppierungen automatisch als „demokratische Kräfte“ bezeichnet, im Gegensatz zu den „undemokratischen Kräften,“ die die meisten Menschen unterstützen. Das geht wirklich über Orwell hinaus.

Jede Wahl, die nicht so läuft, wie die Eliten des Westens das wünschen, oder wahrscheinlich nicht so verlaufen wird, wie sie es haben wollen, wird automatisch als „Betrug“ oder „Verhöhnung der Demokratie“ hingestellt, noch bevor sie stattfindet. Das wird gemacht, um dem Sieger die Rechtmäßigkeit zu entziehen. Wir sahen ein klassisches Beispiel dafür bei den Präsidentenwahlen im Iran 2009. Es wurden nie glaubhafte Beweise vorgelegt, die zeigten, dass die Wahlen manipuliert waren, oder dass es weit verbreiteten Betrug gegeben hat, der am Resultat etwas ändern hätte können. Weil aber ein Kandidat gewonnen hat, den die Eliten des Westens ablehnten, wurde das Ergebnis als „Schwindel“ hingestellt und die Kommentatoren des Establishments wiesen routinemäßig auf Ahmadinejhads „gestohlene Wahl“ hin.

Als allgemeine Regel können wir sagen, dass niemand, den der Westen nicht haben will, jemals eine Wahl fair gewinnen darf. Wenn so einer gewinnt, dann kann das nur aufgrund von Betrug erfolgen. Es gibt immer Verunglimpfungen gegen den betreffenden Anführer. Hugo Chavez’ Regierung in Venezuela wurde durch eine Reihe von gewonnen Wahlen bestätigt, dennoch wurde er von den Neokonservativen des Westens und den falschen Linken als „Diktator“ bezeichnet und sein durch Krebs verursachter Tod von einigen westlichen „Demokraten“ bejubelt.

Im Jugoslawien gewannen in den 1990er Jahren Slobodan Milosevic und die sozialistische Partei regelmäßig Wahlen in einem Land, in dem viele Oppositionsparteien frei existierten und agierten, dennoch wurde auch Milosevic als „Diktator“ hingestellt. Ein ähnliches Schicksal ereilte Viktor Janukowitsch, den vor kurzem gestürzten Präsidenten der Ukraine, der nach freien Wahlen 2010 an die Macht gekommen war in einem Land, in dem neue Präsidentenwahlen im Jahr 2015 fällig waren. Kein aufrichtiger objektiver Beobachter könnte zum Schluss kommen, dass Chavez, Milosevic oder Janukowitsch „Diktatoren“ waren, dennoch wurden diese Männer als solche hingestellt, einfach weil sie nicht das machten, was die Eliten des Westens wollten. 

Wünsche und Methoden antidemokratischer Demokraten

Natürlich ist es das erste Ziel der antidemokratischen Demokraten, zu versuchen und zu gewährleisten, dass der „falsche” Anführer fürs erste gar nicht an die Macht kommt. Die viele Milliarden Dollar schwere Industrie der „Demokratieförderung“ der Vereinigten Staaten von Amerika ist so angelegt, dass die „falschen“ Kandidaten entweder gar nicht oder nur selten gewinnen.

Die ersten Wahlen in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg, die die neu eingerichtete CIA „regelte,“ waren die im Jahr 1948 in Italien, wo die Vereinigten Staaten von Amerika einen kommunistischen Sieg befürchteten. Bis zu $ 3 Millionen wurden insgeheim an antikommunistische Parteien vergeben. „Am 18. April errangen die Christdemokraten einen Erdrutschsieg. Während die Christdemokraten sich selbst gratulierten und die Kommunisten bittere Tränen der Niederlage vergossen, reflektierte die CIA den Erfolg ihrer Kampagne der geheimen Einmischung in die inneren Angelegenheiten Italiens. Es war eine Erfahrung, die sich auf die zukünftigen Entwicklungen von CIA-Aktivitäten andernorts auswirkte,“ schrieben Jeremy Isaacs und Taylor Downing in ihrem Buch „Cold War“ (Kalter Krieg).

Seit Italien 1948 haben sich die Vereinigten Staaten von Amerika im Namen der „Demokratie“ in eine große Zahl von Wahlen rund um die Welt eingemischt und versucht, das Resultat zu erzielen, das sie haben wollten.

Wenn sie das erwünschte Ergebnis nicht durch die Finanzierung der von ihnen bevorzugten Parteien, durch „Jugendbewegungen“ á la Otpor und andere Maßnahmen erreichen können, haben sie noch weitere Optionen in der Hinterhand, wie sie unerwünschte Regierungen loswerden können. Sie können einen Staatsstreich organisieren, was sie zum Beispiel 1954 in Guatemala taten, wo von der CIA ausgebildete „Rebellen“ den demokratisch gewählten Anführer Jacobo Arbenz stürzten, dessen Regierung das „Verbrechen“ begangen hatte, nicht bebautes Land zu verstaatlichen, das Amerikas mächtiger United Fruit Company gehörte, welche Freunde an höherer Stelle in Washington sitzen hatte.

Die Vereinigten Staaten von Amerika und ihre Alliierten können das Land und sein Volk „bestrafen“ und versuchen, seine Wirtschaft durch Sanktionen zu schwächen, wie sie es mit Jugoslawien in den 1990ern machten, mit Palästina im Jahr 2006 (nach dem Wahlsieg der Hamas), und wie sie es heute mit dem Iran, Belarus und Russland machen, indem sie eine Reihe von an den Haaren herbeigezogenen Gründen für deren Verhängung anführen. Und sie können versuchen, das jeweilige Land und seine Regierung durch die Finanzierung von gewaltsamen Straßenprotesten zu destabilisieren, wie wir es 2014 in der Ukraine und in Venezuela gesehen haben. Das stellt die „angegriffene“ Regierung vor ein Dilemma: soll sie Gewalt einsetzen, um mit den Protesten fertig zu werden und riskieren, als „genozidal“ hingestellt zu werden, wobei Sanktionen verhängt und der Anführer von Politikern des Westens und ihren Medienmarionetten als „Kriegsverbrecher“ hingestellt wird, oder sollen sie sich zurücklehnen und den vom Westen finanzierten „Demonstranten“ die Macht überlassen, obwohl es die Regierung ist und nicht die Demonstranten, die das demokratische Mandat besitzt?

All das wird getan im Namen der Demokratie, aber es ist wichtig zu erkennen, dass es in Wirklichkeit um die Zerstörung von Demokratie geht. Es geht darum sicherzustellen, dass nur Regierungen, die den Interessen der Eliten des Westens und deren Alliierten im Mittleren Osten dienen, an die Macht kommen können oder an der Macht bleiben dürfen. Der Wille der Menschen, die von ihnen gewünschte Regierung zu wählen, wird respektiert, aber nur dann, wenn sie eine Regierung wählen, die den Eliten des Westens genehm ist.  

Ihre hochmütige Ablehnung von Wahlen in Syrien, ihre Unterstützung eines gewaltsamen Putsches gegen eine demokratisch gewählte Regierung in der Ukraine, ihre fortgesetzte Destabilisierung der demokratisch gewählten Regierung in Venezuela und ihre Versuche, Wahlen rund um den Erdball zu manipulieren, beweisen Hand in Hand mit ihrer starken Unterstützung einiger der undemokratischsten Regimes auf Erden, wie Saudiarabien und andere Golf-Monarchien, dass die Eliten des Westens in Wirklichkeit gegen Demokratie arbeiten, nicht dafür.

Es ist auch aufschlussreich, die Reaktion des Westens auf die Wahlen in Syrien und vor kurzem erfolgte demokratische Reformen in diesem Land mit der Unterstützung für die geplanten Präsidentenwahlen in Ägypten trotz der undemokratischen Niederschlagung der jetzt verbotenen größten Oppositionsgruppe Moslem-Bruderschaft und der massenhaften Verhängung von Todesurteilen Anfang dieser Woche zu vergleichen. Während die Demokratisierung der syrischen Verfassung im Jahr 2012 für Führer des Westens laut dem Außenminister der Vereinigten Staaten von Amerika John Kerry als völlig inakzeptabel gilt, ist Ägyptens neue Verfassung für diesen ein „positiver Schritt vorwärts.“

Die Doppelmoral sollte uns nicht überraschen, denn das Land, das am aggressivsten rund um die Erde auf “Demokratie” drängt, nämlich die Vereinigten Staaten von Amerika, ist selbst keine Demokratie, sondern eine Oligarchie, wie eine Untersuchung gerade ergeben hat. Amerikanische Regierungen, die sich auszeichnen durch die illegale Invasion des Irak, ihre Unterstützung von gewalttätigen „Rebellen“ in Syrien und den zur Zeit laufenden Versuch, einen neuen Kalten Krieg mit Russland über die Ukraine zu provozieren, handeln nicht im Interesse der durchschnittlichen Amerikaner, sondern im Interesse von Wall Street, des militärisch-industriellen Komplexes und mächtiger ausländischer Lobbies. Am Ende werden die Menschen Amerikas, die für die Kriege bezahlen und für eine Außenpolitik des reihenweisen Regimewechsels, von der nur das Eine Prozent profitiert, genauso Opfer der antidemokratischen Demokraten sein wie die Bürger anderer Länder.

 
     
  erschienen am 6. Mai 2014 auf > Ron Paul Institute for Peace and Prosperity > Artikel  
  Im ARCHIV finden Sie immer interessante Artikel!  
  Die Weiterverbreitung der Texte auf dieser Website ist durchaus erwünscht. In diesem Fall bitte die Angabe der Webadresse www.antikrieg.com nicht zu vergessen!  
  <<< Inhalt