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  Der russische Bär knurrt

Eric Margolis

 

Frankfurt -- Ist es möglich, dass jemand in der Obama-Administration so beschränkt war, um anzunehmen, dass Russland keine harten Maßnahmen ergreifen würde, um den Anstrengungen der Vereinigten Staaten von Amerika zum Sturz von Moskaus Verbündeten Syrien etwas entgegenzusetzen?

Der Krieg gegen Syrien wurde vor fast fünf Jahren von den Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreich, dem Vereinigten Königreich und Saudiarabien mit dem Ziel begonnen, die syrische vom Iran und von Russland unterstützte Regierung zu stürzen. Das bisherige Ergebnis: 250.000 Tote, 9,5 Millionen Flüchtlinge, die Europa überfluten, und ein verwüstetes Syrien. 

Das alles ist nicht neu: der erste Versuch der CIA, den syrischen Machthaber General Husni Zaim zu stürzen, erfolgte 1949.

Eine Mischung aus imperialer Überheblichkeit und Ignoranz hat Washington dazu gebracht zu glauben, dass es jede Regierung stürzen kann, die ungehorsam oder nicht kooperativ ist. Syrien wurde als jüngstes Ziel für Regimewechsel ausgewählt, weil die Regierung Assad – eine international anerkannte rechtmäßige Regierung und Mitglied der UNO – ein enger Verbündeter von Amerikas Großem Satan Iran war. Davor hatte sie mit Washington zusammengearbeitet. 

Nachdem er beobachtete, wie Syrien langsam zerstört wurde, setzte Russlands Präsident Vladimir Putin seinen Stein auf das syrische Schachbrett. Das erste Mal seit 1991 schickte Moskau eine kleine Expeditionseinheit bestehend aus 50 Kampfflugzeugen nach Syrien, sowohl um die Regierung Assad aufzumöbeln, als auch um klar zu machen, dass Russland langfristige strategische Interessen in Syrien verfolgt. 

Wahrscheinlich wussten wenige der stümperhaften Amateurstrategen der Obama-Administration, dass Russland im 19. Jahrhundert für sich die Rolle beanspruchte, der rechtmäßige Beschützer der Christen im Mittleren Osten zu sein. Mit Unbehagen verfolgte Russland die Vernichtung der uralten christlichen Gemeinschaften des Irak, die durch den Sturz ihres Beschützers Präsident Saddam Hussein verursacht wurde. Moskau hat geschworen, es nicht noch einmal zu einem ähnlichen Verbrechen gegen die Christen Syriens kommen zu lassen.

Russland beansprucht auch eindeutig einen Teil seines ehemaligen Einflusses im Mittleren Osten. 1970 verhedderten sich russische Piloten über dem Suezkanal mit israelischen Kriegsflugzeugen im Lauf der „Zermürbungskriegs.“ Die Flugzeit von Moskau nach Damaskus ist etwa gleich wie von New York City nach Miami. Syrien liegt in Russlands Hinterhof, nicht in dem Amerikas.

Ein sehr wirkungsvoller Propagandakrieg, der gegen Syrien und Russland von den Medien der Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreichs und des Vereinigten Königreichs (und deren Anhängsel bis zum österreichischen Rundfunk und dessen „Experten,“ der sich höchste Verdienste als Propagandafunk erworben hat und noch immer erwirbt, obwohl Österreich eigentlich noch neutral ist, d.Ü.) geführt wurde, hat Syriens Präsident Assad dermaßen dämonisiert, dass Washington es sehr schwierig finden wird, mit ihm zu verhandeln oder ihn in ein Friedensabkommen einzubeziehen. Die Vereinigten Staaten von Amerika machten denselben dummen Fehler mit Afghanistans Taliban und zahlen jetzt den Preis dafür.

Präsident Bashar Assad ist kein Großer Satan. Er war ein in Britannien ausgebildeter Augenspezialist, der in die dynastische Führung Syriens gezwungen wurden, nachdem sein Bruder bei einem Autounfall ums Leben gekommen war. Das Assad-Regime verfügt über einen Haufen von fiesen Beamten, aber nach meinen langen Erfahrungen in der Region ist Syrien um nichts schlimmer als dermaßen brutale Alliierte der Vereinigten Staaten von Amerika wie Ägypten, Saudiarabien, Marokko oder Usbekistan.

Präsident Putin hat lange eine Verhandlungslösung gefordert, um diesen destruktiven Konflikt zu beenden, der schnell dem grausigen Bürgerkrieg im Libanon von 1975-1990 ähnelt, dessen Schrecken ich mit eigenen Augen gesehen habe.

Wer Syrien beherrscht, ist nicht einen einzigen Toten oder Flüchtling mehr wert. Es ist traurig, aber Syrien ist vielleicht schon so kaputt, dass es nicht mehr repariert werden kann. Die Verrückten, die wir geschaffen haben, regieren nun große Teile Syriens und des Irak. Russland brummelt schon etwas vor sich hin von in den Irak gehen.

Vlad Putin hat sein Spiel fest unter Kontrolle. Beim Weißen Haus Obamas mit seinen verwirrten Beratern bin ich mit da nicht so sicher. Besser wäre es, ein Abkommen mit Assad abzuschließen, einem natürlichen Alliierten der Vereinigten Staaten von Amerika, bevor Senator John McCain und seine republikanischen Kreuzfahrerkumpane noch wirklich den Dritten Weltkrieg beginnen.

Washington verweigert Russland jegliche legitime Einflusssphäre in Syrien, obwohl Russland in Tartus an der Küste seit über 40 Jahren einen kleinen Stützpunkt besaß. Die russische Logistikbasis wird jetzt ausgeweitet und von einer Truppe bewacht, die schätzungsweise die Stärke einer aufgemöbelten Kompanie hat.

Diese Woche kamen Berichte, nach denen eine bescheidene Anzahl iranischer Infanterie in das kriegszerrissene Syrien eingezogen ist. Auch die zähen Hezbollah-Kämpfer des Libanon sind in Syrien im Einsatz.

Gegen sie steht ein zusammengewürfelter Haufen von irregulären Kräften und bewaffneten religiösen Fanatikern, die von den Vereinigten Staaten von Amerika, vom französischen und britischen Geheimdienst ausgebildet und von Washington und den Saudis finanziert werden. Ich glaube, dass eine kleine Zahl von Sondereinsatzkräften der Vereinigten Staaten von Amerika und Frankreichs und des britischen SAS den Anti-Assad-Kräften auch direkt behilflich ist.

Israel und die Türkei, die hoffen, von einem möglichen Auseinanderbrechen Syriens zu profitieren, sind ebenfalls insgeheim den Anti-Assad-Kräften behilflich, zu denen al-Qaida und jedermanns Lieblings-Schreckgespenst gehören, nämlich der Islamischen Staat.

Protestgeheul über Russlands militärische Intervention kommt aus Washington und von dessen Alliierten. Wir hassen es doch, wenn andere genau dasselbe tun wie wir selbst. Die Vereinigten Staaten von Amerika betreiben mehr als 800 Stützpunkte rund um die Welt. Französische Truppen operieren in Teilen Afrikas. Beide Länder führen militärische Interventionen durch, wenn es ihnen passt.

Washington beschuldigt Moskau des Imperialismus, während 10.000 Soldaten der Vereinigten Staaten von Amerika, Flotten von Kriegsflugzeugen und 35.000 Söldner der Vereinigten Staaten von Amerika nationalistische Kräfte in Afghanistan bekämpfen. Der Irak bleibt eine Halbkolonie der Vereinigten Staaten von Amerika. Russland zog 1991 alle seine in Deutschland stationierten 350.000 Soldaten zurück, Militärbasen der Vereinigten Staaten von Amerika durchsetzen immer noch Deutschland, und neuerdings auch Rumänien.

 
     
  erschienen am 4. Oktober 2015 auf > www.ericmargolis.com  
  Archiv > Artikel von Eric Margolis auf antikrieg.com  
 
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