HOME   INHALT   BLOG   INFO   LINKS   VIDEOS   ARCHIV   KONTAKT   ENGLISH
 
     

"Entweder verhindert die Revolution den Krieg oder der Krieg wird die Revolution bringen" - Mao Tsetung

     
  Die Aufhebung der Sanktionen gegen Syrien enthüllt ihre grausamen Absichten

Michael Galant / Eleonora Piergallini

 

Am 30. Juni unterzeichnete Präsident Trump eine Durchführungsverordnung, mit der die meisten US-Sanktionen gegen Syrien aufgehoben wurden. Dieser Schritt, der noch vor wenigen Monaten undenkbar gewesen wäre, löste ein Versprechen ein, das er im Mai auf einem Investitionsforum in Riad gegeben hatte. „Die Sanktionen waren brutal und lähmend“, hatte er vor einem Publikum, das hauptsächlich aus saudischen Geschäftsleuten bestand, erklärt. Ihre Aufhebung, so Trump, werde „Syrien eine Chance auf Größe geben“.

Die Bedeutung dieser Aussage liegt nicht nur in der Erleichterung, die sie dem syrischen Volk bringen wird. Seine Bemerkungen enthüllten eine implizite, aber selten eingestandene Wahrheit: Sanktionen – oft als friedliche Alternative zum Krieg dargestellt – haben dem syrischen Volk schon immer geschadet.

Das Ausmaß der wirtschaftlichen Zerstörung Syriens lässt sich kaum leugnen. Die Größe der syrischen Wirtschaft hat sich zwischen 2010 und 2022 mehr als halbiert. Rund 70 Prozent der Syrer leben in Armut, und die Hälfte der Bevölkerung ist von Ernährungsunsicherheit betroffen.

Befürworter behaupten, dass Sanktionen nicht für zivile Schäden verantwortlich seien. „Die heutigen Maßnahmen zielen darauf ab, das mörderische Assad-Regime zur Rechenschaft zu ziehen. Sie richten sich nicht gegen das syrische Volk“, heißt es in einer typischen Erklärung des Weißen Hauses. Auch das Europäische Parlament behauptet, seine Sanktionen gegen Syrien seien darauf ausgelegt, „die Bevölkerung nur minimal zu beeinträchtigen“.

Es ist schwer zu sagen, in welchem Ausmaß Syriens wirtschaftlicher Zusammenbruch auf den Bürgerkrieg und Assads Regierungsführung im Vergleich zu den westlichen Sanktionen zurückzuführen ist. Es gibt jedoch überwältigende Beweise dafür, dass umfassende Wirtschaftssanktionen der Zivilbevölkerung immensen Schaden zufügen: Sie verlangsamen das Wirtschaftswachstum, behindern den Zugang zu Nahrungsmitteln, Treibstoff und Medikamenten und tragen zu Massensterben bei. In einigen Fällen sind die Auswirkungen von Sanktionen mit denen eines Krieges vergleichbar.

Sanktionen gegen Syrien behinderten humanitäre Hilfe, heizten die Inflation der Lebensmittelpreise an und führten zum Zusammenbruch des Gesundheitssystems des Landes. Der Sturz der Assad-Regierung machte es politisch opportun, zuzugeben, was viele lange ignoriert oder geleugnet hatten.

Zwei Kongressabgeordnete, die sich vor Assads Sturz für Sanktionen ausgesprochen hatten, haben inzwischen ihren Kurs geändert. Sie argumentieren, eine Lockerung würde „Stabilisierung, Wiederaufbau, internationale Investitionen und humanitäre Hilfe“ fördern und „den wirtschaftlichen und finanziellen Zugang für die syrische Bevölkerung verbessern“.

Nach Trumps Ankündigung in Riad erklärte Außenminister Rubio, eine Aufhebung der Sanktionen würde „die Versorgung mit Strom, Energie, Wasser und sanitären Einrichtungen erleichtern und eine effektivere humanitäre Hilfe in ganz Syrien ermöglichen“. In einer Senatsanhörung erklärte er: „Die Länder der Region wollen Hilfe, wollen ihnen helfen, können es aber nicht, weil sie unsere Sanktionen fürchten.“ Rubio verdeutlicht hier, wie US-Sanktionen wie eine Form wirtschaftlicher Blockade wirken – sie behindern humanitäre Hilfe und isolieren Länder wirtschaftlich und diplomatisch. Die US-Botschafterin bei den Vereinten Nationen, Dorothy Shea, argumentierte diesen Monat: „Die Aufhebung der US-Sanktionen gegen Syrien wird dem Land eine Chance auf Erfolg geben.“

Solche Aussagen lassen sich nur schwer mit der Behauptung vereinbaren, Sanktionen schadeten der Zivilbevölkerung nicht. Wenn die Aufhebung der Sanktionen der Zivilbevölkerung zugutekommt, muss ihre Verhängung Schaden verursacht haben.

Das schmutzige Geheimnis der Sanktionspolitik ist, dass diese Schäden oft beabsichtigt sind. Viele behaupten unverblümt, Sanktionen hätten die Funktion, den wirtschaftlichen Zusammenbruch zu begünstigen. Es geht nicht um Kollateralschäden, sondern um Druckmittel.

So schlug beispielsweise ein Memo des Außenministeriums zu Beginn des Kuba-Embargos vor, „Kuba Geld und Lieferungen vorzuenthalten, die Geld- und Reallöhne zu senken, Hunger, Verzweiflung und den Sturz der Regierung herbeizuführen“. Auf die Frage nach der Wirksamkeit der Iran-Sanktionen der ersten Trump-Administration sagte der damalige Außenminister Mike Pompeo: „Die Lage für das iranische Volk ist viel schlimmer, und wir sind überzeugt, dass dies das iranische Volk dazu bringen wird, sich zu erheben und das Verhalten des Regimes zu ändern.“ Er äußerte sich mit ähnlicher Zustimmung zum Leid der venezolanischen Bevölkerung unter den US-Sanktionen – eine Ansicht, die auch Trump teilte, der sich später brüstete: „Als ich [das Amt] verließ, war Venezuela kurz vor dem Zusammenbruch. Wir hätten es übernommen.“

Während Trumps Amtsträger besonders offen waren, verweisen Politiker beider Parteien regelmäßig auf makroökonomische Faktoren wie BIP, Ölförderung, Devisenreserven, Währungsstabilität und Lebensmittelpreise – Faktoren, die das Wohlergehen der Bevölkerung direkt beeinflussen – als Maßstab für den „Erfolg“ von Sanktionen.

Der Abgeordnete Jim McGovern (Demokrat, Massachusetts), ein Kritiker vieler US-Sanktionen, bemerkte einmal: „Wirtschaftlicher Schaden ist das Mittel, mit die Sanktionen wirken sollen.eines “ Doch es gibt einen Grund, warum nur wenige die Realität der Sanktionen zugeben wollen: Denn dies käme einem Eingeständnis Verstoßes gegen das Völkerrecht gleich. Wie Dutzende von Rechtsorganisationen und über 200 Anwälte letztes Jahr in einem Brief schrieben, kommt die gezielte Verhängung von Sanktionen gegen Zivilisten einer Kollektivstrafe gleich, die gegen das humanitäre Völkerrecht und die UN-Charta verstößt.

Die umfassenden Sanktionen gegen Syrien werden abgeschafft. Das sind gute Nachrichten.

Doch die Begründungen für ihre Aufhebung sind Eingeständnisse dessen, was Kritiker und Forscher aus der Zivilgesellschaft schon lange argumentieren: Sanktionen töten dieselben Menschen, die ihre Befürworter angeblich schützen wollen. Syrien dient zwar als Fallstudie, doch gilt dies gleichermaßen für alle Länder mit umfassenden Wirtschaftssanktionsregimen, von Kuba über Venezuela bis hin zum Iran.

Wenn Sanktionen auf das Leid der Zivilbevölkerung angewiesen sind, um zu funktionieren, sind sie kein diplomatisches Instrument – sie sind eine Waffe der Wirtschaftskriegsführung. Es ist längst an der Zeit, sie als solche zu behandeln.

 
     
  erschienen am 11. Juli 2025 auf > RESPONSIBLE STATECRAFT > Artikel  
  Michael Galant ist Senior Research and Outreach Associate am Center for Economic and Policy Research (CEPR). Zuvor war er Senior Communications Associate bei Win Without War.

Eleonora Piergallini ist Journalistin und Teil des Kommunikationsteams des Center for Economic and Policy Research.

 
     
>

Die neue Normalität des Spazierengehens

<
     
  > AKTUELLE LINKS  
     
Antikrieg - Dossiers:
Syrien Israel Jemen Libyen Korea Ukraine

WikiLeaks

     
Einige Lesetips aus dem Archiv:
  Paul Craig Roberts - Die gesamte westliche Welt lebt in kognitiver Dissonanz
  Andrew J. Bacevich - Die Kunst, das Gedächtnis zu formen
  Robert Barsocchini - Israels ‚Recht sich zu verteidigen’: Ein Aggressor kann nicht in Selbstverteidigung handeln
  Jean-Paul Pougala - Die Lügen hinter dem Krieg des Westens gegen Libyen
  Ben Norton - Bericht des britischen Parlaments führt aus, wie der NATO-Krieg 2011 gegen Libyen auf Lügen basierte
  Marjorie Cohn - Menschenrechtsgeheuchel: USA kritisieren Kuba
  John V. Walsh - Warum sind Russland und China (und der Iran) vorrangige Feinde der herrschenden Elite der Vereinigten Staaten von Amerika?
  John Horgan - Warum Töten Soldaten Spaß macht 
  Jonathan Turley - Das Große Geld hinter dem Krieg: der militärisch-industrielle Komplex
  Jonathan Cook - Die vorgetäuschte Welt der Konzernmedien
  Oded Na'aman - Die Kontrollstelle
  Klaus Madersbacher - Seuchen
  Klaus Madersbacher - Hässliche Bilder
  Mark Danner - US-Folter: Stimmen von dunklen Orten
  Paul Craig Roberts - Die Neuversklavung der Völker des Westens
  Stephen Kinzer - Amerikas Staatsstreich im Schneckentempo
     
  Die Politik der Europäischen Union gegenüber Syrien ist nicht nur scheinheilig, zynisch und menschenverachtend, sie ist ein Verbrechen gegen den Frieden. Das wird etwa durch einen durchgesickerten UNO-Bericht (>>> LINK) bestätigt (von dem Sie nicht viel hören werden ...), siehe auch den vor kurzem erschienenen Bericht der US-Abgeordneten Tulsi Gabbard (LINK) und das Interview mit dem niederländischen Pater Daniel Maes (LINK)! In dem Artikel "In Syrien hungert jeder Dritte (LINK)" finden Sie neuere Informationen. Der Bericht des Welternährungsprogramms der UNO (LINK) spricht Bände und kann daher dem breiten Medienpublikum wohl auch nicht zugemutet werden. Weitere Neuigkeiten über dieses Musterstück barbarischer Politik finden Sie >>> HIER.

Das ist die Politik der Europäischen Union, die offenbar von bestimmten Interessengruppen gelenkt wird und sich aufführt wie die Vereinigte Kolonialverwaltung der europäischen Ex-Kolonialmächte. Warum unsere politischen Vertreter nicht gegen diese kranke und abwegige, für keinen vernünftigen Menschen nachvollziehbare Politik auftreten, fragen Sie diese am besten selbst!

 
> Appell der syrischen Kirchenführer im Juni 2016 (!): Die Sanktionen der Europäischen Union gegen Syrien und die Syrer sind unverzüglich aufzuheben! (LINK) <
     
  Im ARCHIV finden Sie immer interessante Artikel!  
  Die Weiterverbreitung der Texte auf dieser Website ist durchaus erwünscht. In diesem Fall bitte die Angabe der Webadresse www.antikrieg.com nicht zu vergessen!  
  <<< Inhalt