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  Tote und Dollars – die Kosten für den Krieg gegen den Irak

Catherine Lutz

 

Mit fassungsloser Verwunderung hörten wir vor kurzem, wie Präsident Obama, Abgeordnete des Kongresses und die Medien allen Ernstes überlegten, zurück in den Irak zu gehen, um dort weiter ihre Ziele zu verfolgen. In jedem Jahr seit zumindest 1991 war der Traum, die Vorgänge im Irak zu kontrollieren, die Bruchstelle bei den amerikanischen politischen und militärischen Eliten – bei Neokonservativen wie bei alten Liberalen.

Die Schrecken, die diese Woche im Irak weitergegangen sind, rufen danach, nachzusehen, wie dieses Projekt bisher verlaufen ist. Seit dem Einmarsch der Vereinigten Staaten von Amerika 2003 sind mindestens 200.000 Menschen direkt durch kriegerische Gewalt getötet worden, viele mehr – Hunderttausende mehr – die noch nicht gezählt worden sind, oder getötet infolge der kriegsbedingten Zerstörung von Gesundheitswesen und Lebensbedingungen.

Wie ist es möglich, dieses Ausmaß des Todes zu erfassen? Es ist, wie wenn die gesamte Bevölkerung meiner Stadt Providence und viele ihrer Vorstädte ausgelöscht worden wären. Diese Toten müssen auch jeder für sich gezählt werden, sei es, ob es Zivilisten, Soldaten, Journalisten, humanitäre Helfer oder Aufständische waren, die gestorben sind. Unter ihnen sind der 20 Jahre alte James Swain aus Kokomo, Illinois, der sich zu den Marines verpflichtet hatte und in Fallujah ums Leben kam; Sureshan, ein indischer Kontraktarbeiter für die Vereinigten Staaten von Amerika, der durch eine Autobombe in Basra getötet wurde; Khaled Ali, ein irakischer Kameramann, der bei der Berichterstattung über die Kämpfe in der Nähe von Bagdad getötet wurde; Abu Mazen Khowaiter, ein 70-jähriger Ladenbesitzer, der durch Gewehrfeuer in Basra getötet wurde; Zahra, die Tochter von Hussein Baktash, getötet durch eine Selbstmord-Autobombe in der Nähe von Kirkuk; Abdul Zahra Othman Mohammad, Herausgeber einer Zeitschrift und Politiker, getötet an einer Kontrollstelle außerhalb der Grünen Zone; und alle die Namenlosen in den Nachrichtensendungen – eine Frau, die in ihrem Haus in Al-Iskan durch Mörserfeuer getötet wurde, ein Vater, der erschossen wurde, während er seine Familie durch Kirkuk fuhr, ein Polizist, getötet durch eine Straßenbombe in der Nähr von Zubeir, eine Frau, die durch Luftangriffe in Karbala getötet wurde.

Hand in Hand mit dem Tod kam die Zerstörung des irakischen Gesundheitswesens, der Universitäten und der intellektuellen Klasse, sowie der ethnisch gemischten Wohngebiete und Häuser.

Das Versprechen der Invasion und Okkupation lautete, dass die Menschen im Irak sicherer sein würden. Das erwies sich als die Bruchstelle der militärischen Macht, die das Gegenteil von dem versprach, was sie gehalten hat.

Während nun Obama überlegt, noch mehr Raketen gegen den Irak abzufeuern, ist es unerlässlich, dass wir auch die astronomischen Kosten in Betracht ziehen, die das weiter betriebene Projekt Irak finanziell wie menschlich für die Vereinigten Staaten von Amerika verursacht. 

Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika hat für den Krieg gegen den Irak bis zum Ende des Finanzjahres 2014 insgesamt geschätzte $2,2 Billionen ausgegeben oder sich dazu verpflichtet. Das schließt die erforderlichen Kosten für die medizinische Versorgung und Behinderungen von Veteranen bis Mitte des Jahrhunderts und darüber hinaus ein. Der Kapitaldienst für die Schulden für den Krieg gegen den Irak könnte sich auf weitere atemberaubende $8 Billionen belaufen. 

Auch hier macht das Ausmaß den Verstand sprachlos. Was ist eine Billion eigentlich? Das sind 1.000 Milliarden, eine Million Millionen. Die $2,2 Billionen überschreiten bei weitem das Bundeseinkommen, das letztes Jahr durch Einkommensteuern insgesamt erzielt wurde. Während das Budget der Highway-Betriebsgesellschaft zusammenbricht, sollte man etwa daran denken, dass dieser Betrag das Budget für 54 Jahre Straßenbau decken würde. 

Sind Sie bereit, sich überzeugen zu lassen, dass ein bisschen mehr Gewalt zu dem Gemenge, dessen Entstehung im Irak wir betrieben haben, einen humanen und vernünftigen Weg darstellt? Nicht, wenn die wahren Kosten – über allen die menschlichen – klar gesehen werden.

 
     
  erschienen am 10. Juli 2015 auf > Providence Journal > Artikel  
  Catherine Lutz ist Thomas J. Watson Jr. Family Professor für Anthropologie and Internationale Studien am Watson Institute for International Studies der Brown University und Mit-Direktorin des Costs of War Projekts.  
 
siehe dazu im Archiv:
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