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  ‘Gleich oft falsch wie richtig’ reicht, wenn über einen offiziellen Feind berichtet wird

Jim Naureckas

 

Nordkorea hat vielleicht General Hyon Yong Chol mit Luftabwehrkanonen hingerichtet. Oder er lebt und es geht ihm gut. Die Washington Post (und die Medienhuren des Westens einschließlich Qualitätszeitungen und Kultursender im „neutralen“ Österreich, K.M.) dachten, dass Sie vielleicht gerne einige Vermutungen über ihn lesen möchten.

Die Washington Post vom 12.5.2015 bringt eine sensationelle Geschichte über den nordkoreanischen General Hyon Yong Chol:

Nordkoreas Äquivalent eines Verteidigungsministers wurde wegen Ungehorsams und Verrats – darunter wegen Schlafens während einer Konferenz, auf der Kim Jong Un eine Rede hielt – per Luftabwehrgeschütz hingerichtet, gab der südkoreanische Geheimdienst am Mittwoch bekannt.

Die Reporter Anna Fifield und Yoonjung Seo fahren fort:

Der Bericht würde er auf krasse Weise das brutale Ausmaß der Methoden illustrieren, zu denen der junge nordkoreanische Führer greift, um seine Macht zu konsolidieren, wenn er wahr ist.

Und wenn er nicht wahr ist? Dann würde er meiner Ansicht nach auf krasse Weise den niedrigen Standard illustrieren, den sich die Washington Post selbst setzt, wenn sie über einen offiziellen Feind berichtet.

Der Großteil der Informationen in dem Artikel beruht auf dem, was „Vertreter des [südkoreanischen] Geheimdiensts NIS (National Intelligence Service) lokalen Reportern bei einer Presseinfomation in Seoul mitteilten“ – lokalen Reportern, nicht der Washington Post. Was hat die Washington Post direkt erfahren? „Ein NIS-Sprecher bestätigte gegenüber der Washington Post, dass der Geheimdienst glaubt, dass Hyon hingerichtet wurde.“

Der sensationelle Inhalt in dem Artikel ist also das, was südkoreanischen Journalisten, wie sie sagten, vom südkoreanischen Geheimdienst über die bitteren Rivalen dieses Landes erfahren haben. Der südkoreanische Geheimdienst ist doch eine verlässliche Quelle, nicht wahr?

Eigentlich nicht – laut Washington Post. Im achten Absatz des Artikels bemerken die Reporter: „der NIS-Bericht konnte nicht von unabhängiger Seite bestätigt werden. Die Behauptungen des NIS stellen sich so oft als falsch heraus, wie sie richtig sind.“

Ist es wirklich die Politik der Washington Post, Geschichten auf der Grundlage von Behauptungen zu bringen, dass sie „so oft falsch sind, wie sie richtig sind“?

In diesem Fall dachte die Washington Post wohl, es sei sicher, auf „richtig” zu setzen, und nicht auf „falsch“, weil ein Blogger über Nordkorea sagte, der Bericht „klinge wahr.“ Das ist doch die Art von bizarren Dingen, die die Nordkoreaner immer machen?

Die Washington Post versuchte auch, diese hoch spekulative Geschichte aufzumotzen, indem sie auf eine weitere hoch spekulative Geschichte verwies, die die Zeitung vor kurzem veröffentlicht hat. Der neue Artikel bemerkte:

Ein vor kurzem veröffentlichter Bericht des U.S. Committee for Human Rights in Nordkorea enthielt Satellitenbilder, auf denen anscheinend einige Menschen zu sehen waren, die auf einem militärischen Übungsplatz 13 Meilen nördlich von Pyongyang im Oktober letzten Jahres vor Luftabwehr-Maschinengewehren standen.

Der Link in diesem Abschnitt führt zu einem Artikel, den die Washington Post am 1.Mai unter der langen Überschrift „Exekutiert Nordkorea Menschen mit Luftabwehrkanonen? Neue Satellitenbilder lassen vermuten, dass die Gerüchte wahr sein könnten“ veröffentlicht hat. Der Artikel berichtet, dass das Committee for Human Rights in North Korea Bilder veröffentlicht hat, die anscheinend einige Personen zeigen, die auf einem militärischen Übungsplatz vor Luftabwehr-Maschinengewehren stehen ... es sieht so aus, obwohl es nicht bestätigt werden kann, dass diese Personen hingerichtet werden.

Tatsächlich sagt das Komitee selbst, falls Sie dem Link der Washington Post zu dem Bericht folgen, dass die Bilder etwas zeigen, was auf einem nordkoreanischen Schießplatz „eine Art Ziele zu sein scheint“ – und schließt dann daraus, hauptsächlich weil der Schießplatz nicht so aussieht, als wäre er für großkalibrige Waffen eingerichtet, dass „die plausibelste Erklärung für die Szene, die auf der Satellitenaufnahme vom 7.Oktober zu sehen ist, eine grausige öffentliche Hinrichtung ist.“

Vielleicht. Oder vielleicht sind es wirklich Zielfiguren auf dem Schießplatz, was „eine Art Ziele zu sein scheint.“ Oder vielleicht sind es Menschen, die sich in einer Reihe aufstellen, nicht um erschossen zu werden, sondern weil sie eine militärische Ausbildung machen, bei der häufig das Aufstellen in einer Reihe dazugehört.

Aber es ist ja Nordkorea, über das wir sprechen, also reicht „vielleicht“ aus, um eine Geschichte daraus zu machen.

 
     
  erschienen am 13. Mai 2015 auf > FAIR - Fairness & Accuracy in Reporting > Artikel  
 
siehe dazu im Archiv:
  Jack A. Smith - Hinter dem amerikanisch-nordkoreanischen Getöse
  Bruce Cumings - Koreanische Kriegsspiele
  John V. Walsh - Warum sind Russland und China (und der Iran) vorrangige Feinde der herrschenden Elite der Vereinigten Staaten von Amerika?
  Tarak Barkawi - Atomwaffen und orientalische Verhältnisse
  Glen Ford - Obamas Krieg gegen die Zivilisation
  John Philpot - Versagen des Internationalen Rechts und der Menschenrechtsinstitutionen: Palästina, Syrien und Irak im Jahr 2014
  Susan Abulhawa - Die abscheuliche Heuchelei des Westens
  Ismael Hossein-zadeh - Das Chaos im Mittleren Osten und darüber hinaus ist geplant
  Stephen Kinzer - BP im Golf – im Persischen Golf
  Dmitry Orlov - Wie man einen Krieg beginnt und ein Weltreich verliert
  Greg McInerney - Die Ruinierung Irlands
  Stephen F. Cohen - Ein Brief an ‘The New York Times’
  Jonathan Turley - Das Große Geld hinter dem Krieg: der militärisch-industrielle Komplex
  William Blum - Scheinheiligkeit dieser Größenordnung verdient Respekt!
 
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